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ANGST III

V

+++ Havarierter Raumfrachter 'Prometheus'
+++ Ebene VII, Planquadrat L8

Norehca lockerte seinen Schraubstockgriff, ließ die Schulter des vor Ehrfurcht zitternden Mannes los und wandte sich ab, um seinen Männern die weitere Vorgehensweise zu erläutern. Yelpir lehnte sich erschöpft und ausgelaugt an die nächstbeste Wand. Das kalte Stahl besänftigte die brennenden Schmerzen. Das stramme Verhör hatte ihn viel Kraft gekostet, denn noch immer lagen weite Teile der vergangenen Erlebnisse in düstere Finsternis gehüllt. Aber er hatte dem Sergeant alles, woran er sich noch erinnern konnte, berichtet. Die langwierigen Routineuntersuchungen des Frachterwracks. Der plötzliche Tod Neilas. Nie würde er jemals ihre entsetzlichen Schreie vergessen können. Yelpir wusste ansonsten nur noch, dass er irgendwann einen der Kühlkomplexe verbarrikadiert und die dortigen Klimakontrollen rekonfiguriert hatte, um dort bis zu seiner Rettung auszuharren. Doch alles andere verbarg sich in tiefer Vergessenheit. Bei jedem Versuch sich daran zu erinnern, war es als ob sein Geist vor einer tiefen, unergründlichen Höhle stehen würde. Er fürchtete sich vor dieser Höhle. Er fürchtete sich davor sie zu betreten. Gar nur von ihr zu denken. Er wusste, dass etwas hinter dem gnädigen Schattenvorhang auf ihn lauerte. Etwas, das ihn in den Wahnsinn treiben würde.

Ein Aufschrei von Bruder Senoj riss Yelpir aus seinen verworrenen Gedankengängen.

"SERGEANT! Das Komm-Netz wird instabil. Die Verbindung zu Sergeant Trebmals Trupp ist abgerissen!"

"Unmöglich! Die Geräte wurden noch vor dem Einsatz von Techmarine-Brüdern gewartet."

"Es könnte Raumstrahlung sein, Bruder-Sergeant!"

"Oder Schlimmeres. Wann hat sich Bruder Trebmal zuletzt gemeldet, Krub?"

"Bevor wir in den Kühlkomplex gestiegen sind. Laut Anzeigen hat er den letzten Kampf von Corporal Rekraps Männern mitgehört. Die Verbindung war ständig offen und stabil."

"Beim Imperator, was ist nur mit diesem Schiffswrack los!? Es wird Zeit, dass wir dem ein Ende setzen, Männer!"

Es gab keine Widerrede.

"Wir begeben uns nun zum vereinbarten Treffpunkt Epsilon auf Ebene XIV, Planquadrat Q8. Wir haben mit allem zu rechnen. Das Gebiet, das wir durchqueren werden, wurde vom Exploratorenteam noch nicht erfasst. Daher gilt: Äußerste Vorsicht! Wir werden uns in kritischen Situationen mit Handzeichen verständigen müssen. Unabhängig davon, ob wir unsere Brüder am Treffpunkt wiedersehen, wird unser nächstes Ziel die Kommandobrücke sein. Vielleicht können wir von dort aus eine Funkverbindung erstellen und Verstärkung anfordern. Notfalls verschanzen wir uns dort und warten auf die 'Zornhammer'. Die Hauptstreitmacht müsste die Rebellion auf Sedan Primus in einigen Tagen niedergeschlagen haben. Noch Fragen...?"

Die Space Marines blieben stumm. Yelpir trat langsam näher und wollte sich zu Worte melden, doch als ihn die kalten Blicke der fünf schwergepanzerten Übermenschen trafen, blieben sie ihm im Halse stecken. Man hatte ihn wohl beinahe vergessen. Er schluckte und räusperte sich.

"Entschuldigen sie, Sir! Anstatt die sieben Ebenen zu Fuß hinunterzusteigen und noch mehr kostbare Zeit zu verbrauchen, empfehle ich die Benutzung eines der Ladeaufzüge. Ich bin mir sicher, dass ich alle Lifts reakti..."

Sergeant Norehca trat an Yelpir heran. Sein glasklarer Blick durchbohrte ihn wie ein glühender Speer. Yelpir zögerte. Er hatte ohne groß nachzudenken gesprochen. Der Einfall war ihm plötzlich gekommen.

"Der Vorschlag ist gut. Wir werden nachsehen, ob der nächste Lift einsatzbereit ist."

Sie setzten ihren Marsch unvermittelt fort. Yelpir benötigte eine Weile, bis er sich wieder gefasst hatte. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass sein Rat von einem Space Marine angenommen wurde. Seine Gedanken begannen während dem vorsichtigen Vordringen in dunklen Korridoren und lichtlosen Hallen wieder zu kreisen. Er stand erneut vor dieser Höhle. Kalte Angst kroch heraus und kletterte an seinen Beinen herauf. Er fror. Er wollte umkehren, diesen schrecklichen Ort für immer hinter sich lassen. Doch es war ihm, als ob etwas ihn in die Höhle rufen würde. Irgendetwas nagte an ihm. Irgendetwas zog ihn hinein. Doch er sträubte sich dagegen. Er durfte es nicht zulassen. Dennoch ging er einen Schritt auf den drohenden Höhleneingang zu. Sein Nacken brannte lichterloh. Und plötzlich sah er eine dunkle Gestalt aus reiner Finsternis vor ihm stehen. Die Silhouette verlor sich jedoch sofort wieder in den unergründlichen Schatten des gähnenden Höhlenschlunds. Yelpir wusste, dass die Antworten auf seine Fragen dort drinnen verborgen waren. Doch die Erinnerungen waren vernebelt und unendlich fern. Er wagte es nicht weiterzugehen. Er hatte Angst...



Ihr Weg führte sie schließlich zu einem breiten Gittertor. Über ihm blinkte eine gelbe Signalleuchte und brachte in regelmäßigen Abständen den weißen Schriftzug "LADELIFT BX03" zum Vorschein. Sergeant Norehca winkte Yelpir herbei und deutete stumm auf die Kontrollkonsole, die sich links neben dem Liftzugang befand. Dieser hastete hin und betätigte einige der Tasten. Gleichzeitig postierten sich die Space Marines an beiden Seiten des Tors und blieben aufmerksam. Nach einer Weile blickte Yelpir zu Norehca herüber und nickte wortlos. Der Sergeant nickte zurück und ließ ihn den Rufknopf betätigen. Sofort erscholl ein leises, allmählich anschwellendes Summen, als der Aufzug aus einer der oberen Ebenen herabzusausen begann. Wenige Augenblicke später konnte man durch das Gitter sehen, wie der von leckenden Schläuchen übersäte Metallkasten ankam. Mit einem Zischen öffnete sich daraufhin das Tor und die Signalleuchte wechselte ihre Farbe zu einem hellen Grün. Die Marines durchleuchteten und sicherten den Ladelift misstrauisch, bevor sie ihn schließlich betraten. Yelpir folgte ihnen und gab auf der inneren Konsole ihre Zielebene ein. Das Tor schloss sich ruckartig und die Kanzel setzte sich langsam in Bewegung. Das Dämmerlicht des Eingangs, das durch das Gitter in unzählige quadratische Lichtkegel geteilt wurde, verschob sich nach oben, bis es völlig verschwunden war. Finsternis durchflutete den Raum, die nur zweimalig einem matten Schein weichen musste, als sie eine der spärlich beleuchteten Ebenen durchquerten. Yelpir war in diesen Momenten fasziniert von den Lichtquadraten, die tänzerisch über die stumpf glänzenden Rüstungen seiner Mitfahrer huschten. Doch die meiste Zeit verbrachten sie in Dunkelheit und Yelpir fühlte sich unwohl. Die Luft war erdrückend und stank nach Metall, Öl und Benzin. Nichts außer dem monotonen Summen des Aufzugs und den Atemgeräuschen der Space Marines war zu hören. Wie gebannt starrte er auf die leuchtende, von blassen Kondenstropfen bedeckte Positionsanzeige, die sich immer nach einigen endlos scheinenden Augenblicken in die nächsthöhere Zahl veränderte.

Ebene XI...

Die Sekunden verstrichen...

Ebene XII...

Die feine Servomotorik ihrer Rüstungen machte sich bemerkbar, als sich die Space Marines aus ihrer Starre lösten und näher an das Ausgangstor rückten.

Ebene XIII...

Der Aufzug wurde langsamer. Eine Armee heller Lichtflecke begann von unten ihre Körper zu besteigen. Ein leerer Korridor kam hinter dem verbogenem Gitter zum Vorschein.

Ebene XIV...

Das Tor schob sich fauchend beiseite, die Space Marines stürmten hinaus und gingen in Stellung. Yelpir blieb im Lift stehen. Alles verharrte in einer grotesken Erstarrung. Keine Bewegung. Stille. Anspannung. Yelpir lauschte dem Hämmern seines Herzen. Doch nichts geschah...
Nach einer Weile gab Sergeant Norehca per Fingerzeig den Befehl zum Weitermarschieren. Yelpir atmete erleichtert auf.



Zehn Standardminuten später hatten sie den Treffpunkt, eine großräumige sechsarmige Kreuzung, endlich erreicht. Keine Spur von Sergeant Trebmals Trupp. Norehca versuchte die Komm-Verbindung wiederherzustellen, doch die Leitung blieb tot.

"Bruder Enak, Tiefen-Scan der unmittelbaren Umgebung!"

Der angesprochene Marine aktivierte sein Auspex und begann die auseinanderlaufenden Gänge damit abzutasten.

"Ich habe sie! Alle zehn Positionsmelder sind aktiv."

"Wo halten sie sich gerade auf?"

"Planquadrat R8. Lagerhalle AM009. Sie haben ihre Untersuchung anscheinend noch nicht beendet. Einen Moment, Bruder-Sergeant... Da stimmt etwas nicht, sie bewegen sich nicht!"

"Schnell! Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig!"



Sie waren tot. Alle. Tot. Allesamt.

Norehca starrte grimmig auf die verstreut herum liegenden Leichname. Die meisten lagen zusammengekrümmt hinter einer Kiste oder einem Fass, den Bolter noch im Anschlag. Um sie herum Patronenhülsen und Blutspritzer. Andere wiederum lagen auf dem Bauch oder auf dem Rücken und sahen so aus, als würden sie lediglich ruhen. Die Zeit schien den Todeskampf der Space Marines eingefroren zu haben. Auf bizarre und perverse Weise wirkte die ganze Szenerie irgendwie idyllisch.
Norehcas Miene verfinsterte sich zunehmend, während seine Männer die gefallenen Brüder untersuchten. Anhand seiner Beobachtungen und Analysen versuchte der Sergeant nun die vergangenen Ereignisse zu rekonstruieren. Trebmal und seine Männer hatten zuletzt eine kreisförmige Stellung eingenommen. Dies bedeutete, dass sie ihren Gegner nicht lokalisieren konnten, und dass der Angriff von ihm ausgegangen sein musste. Doch die Verteidigungslinie wurde augenscheinlich nie durchbrochen. Die Ordensbrüder wurden einer nach dem anderen aus der Distanz ausgeschaltet. Das passte nicht zusammen. Dies war mit Sicherheit nicht das Werk eines Xenomorphen.
Bruder Senoj bestätigte sogleich Norehcas Annahme, als er ihm den Helm eines Gefallenen präsentierte.

"Sehen sie sich das an, Sergeant: Ein glatter Durchschuss. Das Projektil hat die Stirn von Bruder Enopa frontal durchschlagen, Gehirn und Zentralmark zertrümmert und ist dann wieder am Hinterkopf ausgetreten. Seltsamerweise habe ich es nirgendwo finden können. Ebenso gibt es keinerlei Spuren vom Angreifer."

Norehca nahm den durchlöcherten Helm an sich und betrachtete ihn eingehend. Bruder Namrog gesellte sich zu ihnen.

"Bei den anderen haben wir ein ähnliches Muster entdeckt. Gezielte Schusswunden an kritischen Körperzonen, jedoch keine weiteren Anzeichen, die auf den Einsatz von Schusswaffen zurückzuführen sind. Unsere Brüder konnten keinen einzigen Treffer erzielen. Der Feind muss sehr gut getarnt gewesen sein und ist äußerst geschickt vorgegangen. Ich glaube, dass es ein Hinterhalt gewesen ist, Bruder-Sergeant!"

Norehca löste seinen Blick von dem Helm. Ein dunkler Schatten der Vorahnung war auf sein Antlitz gefallen.

"Ja, wir haben noch jemanden hier an Bord. Jemanden, der seine Sache sehr genau macht und seine Fährten verwischt. Jemanden, der scheinbar mühelos zehn kampferprobte Space Marines des Imperators ausschalten kann, ohne eine einzige Wunde hinnehmen zu müssen!"

Norehcas Stimme überschlug sich vor Zorn und Verbitterung. Yelpir hatte nach dem Verlust von Rekraps Trupp nicht geglaubt, dass sich die Gesichtsfarbe des Sergeants in einen noch stärkeren Rotton hätte verwandeln können. Er hatte sich gründlich geirrt.

"Es könnten auch mehrere gewesen sein..."

"Ja, eventuell... Dennoch..."

"Sergeant?"

"Nichts weiter... Wie steht es um die Progenoiddrüsen?"

"Sind bei allen zehn Gefallenen intakt geblieben."

"Gut. Mehr können wir hier nicht tun. Möge der heilige Imperator sein ehernes Schild über ihre tapferen Häupter ausbreiten. Wir werden sie rächen!"

Yelpir konnte nicht hinsehen. All die Toten, all das Blut... Böse Erinnerungen erwachten aus ihrem tiefen Schlummer. Die Höhle rief ihn wieder, lockte ihn, drohte ihn zu verschlingen. Er folgte dem stummen Befehl. Finsternis umgab ihn, aber inmitten der umzingelnden Schatten sah er ES wieder. Den Jäger. Yelpir starrte in seine bleiche Totenmaske. Das Herz blieb ihm stehen. Sein Nacken glühte. Sein gesamter Körper schrie danach, umzudrehen und aus der Höhle herauszurennen. Doch er tat es nicht. Er konnte nicht.
Etwas berührte ihn an seiner Schulter. Es war der kalte Handschuh eines Space Marines. Yelpir blickte auf. Die Totenmaske hatte sich in den Helm eines Space Marines verwandelt. Es war Bruder Krub.

"Alles in Ordnung? Können sie weitergehen?"

Yelpir bemerkte, dass er auf dem Boden lag. Die Decke kreiste über ihm wie wild. Ihm war schwindelig und speiübel. Trotzdem log er: "Es geht... Nur ein kleiner Schwächeanfall..."

"Halten sie durch. Bis zur Kommandobrücke ist es nicht weit."

Der Space Marine half ihm hoch. Yelpir taumelte zunächst, aber es gelang ihm auf seinen wackligen Beinen stehen zu bleiben. Dann setzten sie ihren Marsch fort. Die Totenmaske hatte sich jedoch in Yelpirs Geist gebrannt und schwebte ihm unablässig vor den Augen. ES folgte ihm.


VI

+++ Havarierter Raumfrachter 'Prometheus'
+++ Ebene XV, Planquadrat Z8, Kommandobezirk

"Achtung! Ich habe hier ein paar Echos im Vorfeld. Schwache Anzeichen von Molekularverlagerung."

"In Deckung! Feuerbereitschaft!" befahl Sergeant Norehca mit Zuhilfenahme einiger knappen Handzeichen. Zusammen mit Enak und Namrog rannte er dann nach links und presste sich an die graue Korridorwand. Bruder Enak legte sich vor ihm auf den Boden und robbte ein kleines Stück vorwärts, während Namrog sich neben ihm hinkniete. Alle drei hatten ihre Bolter im Anschlag und leuchteten mit ihren Suchscheinwerfern nach vorne in das ungewisse Dunkel. Yelpir rückte mit dem Rest des Trupps an der rechten Wand bis zu der Einmündung eines Seitengangs vor, wo sie dann hinter der Ecke in Deckung gingen.
Im Licht der Scheinwerfer konnte Yelpir am Ende des Korridors die Schemen einer großen, offenstehenden Tür sehen, aus der ihm schwach einige bunte Miniatursterne entgegenblinzelten. Es war der Haupteingang zu der Brücke des Frachters. Die Distanz betrug vielleicht gerade einmal 200 Meter. Aber da draußen war etwas, das schienen sie alle zu spüren. Die unzähligen seitlichen Abzweigungen des Hauptflurs wirkten wie gähnende Mäuler.
Nach einigen nervenzerreißenden Augenblicken meldete Bruder Enak knapp und so leise, dass Yelpir auf der anderen Seite des Korridors es mehr nicht verstehen konnte: "Echo verloren."
Norehca deutete mit ausgestrecktem Arm auf die offene Tür und befahl: "Langsam vorrücken. Seitengänge kontrollieren." Senoj und Krub, die neben Yelpir knieten, verstanden die Gestik sofort, ohne den genauen Wortlaut der Befehle wirklich vernommen zu haben.
Enak stand vorsichtig auf und ging geduckt voran. Er hielt sich dicht an der Wand. Namrog und der Sergeant folgten ihm auf einigen Metern Abstand. Auf der rechten Seite rückten Krub, Senoj und Yelpir vor. Die ersten Seitengänge, die ihren Weg säumten, erwiesen sich als leere Sackgassen.

Noch 175 Meter...

Heißer Schweiß tropfte von Yelpirs Stirn. Das Herz schlug ihm bis zum Halse, und um ein Vielfaches schneller als Bruder Enaks monoton piepsende Scanner.

Noch 150 Meter...

Eine große Kreuzung lag still vor ihnen. Norehca schickte Enak vor, der Rest ging auf Feuerbereitschaft. Enak lugte vorsichtig um die Ecke und durchleuchtete den kreuzenden Gang gründlich. Dann gab er das Zeichen dafür, dass die Stellung sicher war. Der Trupp setzte sich wieder in Bewegung.
Enak ging noch drei einsame Schritte weiter, seine letzten.

Denn mit einem beißenden Zischen schnellte plötzlich neben ihm die Stahlwand empor, als eine verborgene Tür geöffnet wurde. Heraus schoss eine riesige Klaue, die den überraschten Space Marine senkrecht aufspießte.

"FEINDKONTAKT!!!"

Sofort eröffneten seine Brüder das Feuer. Die Klaue wurde blitzschnell wieder zurückgezogen und verschwand in der schwarzen Öffnung. Sergeant Norehca löste eine Sprenggranate von seinem Gürtel, zog die Sicherung mit gebleckten Zähnen heraus, und schleuderte sie im Vorbeilaufen hinterher.

"GRANATE! IN DECKUNG!"

Das Feuer brach abrupt ab. Die Marines warfen sich flach hin, der untätige Yelpir wurde von Senoj mit zu Boden gerissen. Er hielt seinen Kopf unten und biss die Zähne zusammen. Eine einsame Sekunde später erfolgte die Detonation. Boden und Wände vibrierten durch die Explosion.
Yelpir blickte zaghaft auf. Grauer Dunst strömte aus der Öffnung. Totenstille, wenn nicht das Klingeln in seinen Ohren gewesen wäre. Dann ein markerschütterndes Kreischen. Ein gewaltiger Körper schob sich durch die Tür ins Freie und zerfetzte die blassen Nebelschwaden.

"FEUER FREI!!!"

Das Mündungsfeuer der Bolter tauchte den Korridor in ein Blitzgewitter, während das Stakkato der Salven vielfach verstärkt von den Wänden widerhallte. Ungeachtet ihrer Verwundungen stürmte die Bestie vorwärts. Pfeilschnell schoss etwas Hakenfömiges aus ihrer Brust und bohrte sich in den Unterleib von Bruder Krub. Der Fanghaken zog den unablässig weiterfeuernden Space Marine direkt vor das Angesicht des Ungetüms, wo er dann von mehreren Hieben durch die zwei mächtigen Klauenarme in Stücke gehackt und zerfleischt wurde. Norehca steckte die Boltpistole ein und zog sein Kettenschwert.

"Yelpir, rennen sie so schnell wie sie nur können!"

Yelpir brauchte eine Weile, bis er den einfachen Befehl verstanden hatte und seinen Blick von den zuckenden Körperteilen des zerstückelten Kriegers lösen konnte. Dann wirbelte er endlich herum und rannte los.

Noch 125 Meter...

Der vielgliedrige Körper des Xenomorphen erbebte unter den unzähligen Einschlägen der Boltgeschosse, die auf ihn einprasselten. Eine der beiden Sensenklauen hing schlaff herunter. Rosarotes Blut spritzte auf Boden und Wände.

"Feind als Liktor klassifiziert," erklang die beiläufige Bemerkung von Bruder Senoj.

Noch 100 Meter...

Yelpir wagte es nicht zurückzuschauen. Er hielt die Rettung verheißende Tür fest im Blickfeld.

Der Liktor schien die tiefen Wunden mühelos wegzustecken und stürzte sich mit einem ohrenbetäubenden Gebrüll auf die drei verbliebenen Marines. Norehca konnte sich noch rechtzeitig zur Seite abrollen, doch Namrog wurde von dem anstürmenden Monstrum umgerannt. Er ging zu Boden und verlor seine Waffe. Gerade als er sich wieder hochstemmen und nach dem Bolter greifen wollte, war der Liktor schon über ihm. Der Xenomorph rammte ihm seine Beinkrallen in den Rücken und drückte ihn nieder. Dann fuhr die gesunde Sensenklaue wie ein Donnerblitz senkrecht in das Genick des zappelnden Space Marine.

Noch 75 Meter...

Yelpirs Lungen schmerzten bei jedem Atemzug wie von tausend Nadeln gestochen. Er vernahm einen heiseren Kampfschrei.

Norehca sprang auf den stacheligen Rücken des wütenden Gegners, der noch über seiner erschlagenen Beute thronte. Sein Kettenschwert heulte auf und schnitt sich mit einem zerquirlendem Geräusch in das dunkle Fleisch der Bestie. Der gepeinigte Feind gab einen schrillen Schmerzenslaut von sich und versuchte den Angreifer abzuschütteln. Blutige Hautfetzen und Knochensplitter flogen aus der tiefen Wunde, die Norehca in ihn hineingrub. Bruder Senoj stellte das Feuer ein, um ihn nicht noch zusätzlich zu gefährden.

Noch 50 Meter...

Yelpirs Atem flog. Nasses Haar klebte auf seiner Stirn. Beinahe wäre er im vollen Lauf ausgerutscht und hingefallen, doch er konnte sich noch taumelnd an der glatten Wand festhalten. Beim Aufprall verstauchte er sich die rechte Hand, doch er merkte es nicht einmal. Er rannte blindlings weiter ohne sich umzudrehen.

Der Liktor warf sich rücklings gegen die Wand, um seinen Gegner endlich loszuwerden. Der Kopf des Sergeants schlug hart gegen den Stahl auf und der Schädelknochen brach. Er verlor den Halt. Befreit von dem garstigen Stachel in seinem Nacken richtete sich der Liktor wieder zu voller Größe auf. Trotz der klaffenden Verwundungen und der zerschundenen Glieder loderte noch immer ein heißer Blutdurst in den grausamen Augen. Senoj eröffnete sofort wieder das Feuer auf ihn und wich einige Schritte zurück. Die Sprengmunition riss gewaltige Löcher in die bereits zersiebte Haut des Geschöpfes. Wutentbrannt drehte es sich um und holte zu einem mächtigen Schlag aus. Senoj pumpte unablässig eine Salve nach der anderen in die kreischende Todesgestalt, doch sie schien unaufhaltsam. Sein Todesschrei hallte durch durch den blutüberströmten Gang.

Noch 25 Meter...

Yelpir ignorierte den Schrei und seine brennende Beinmuskulatur. Er hatte nur noch eines im Sinn: Die Tür. Die Rettung. Die rettende Tür. Sie war so nahe. So nah...

Der Xenomorph wandte sich um und geiferte seinen letzten verbliebenen Gegner an, der sich eben wieder erhoben hatte. Norehca spuckte Blut und Speichel. Blut sickerte aus seiner Kopfwunde. Sie starrten sich an. Dann stürmten sie aufeinander los. Im vollen Lauf zog Norehca seine Boltpistole und feuerte. Gleichzeitig setzte der Liktor zu einer Sprungattacke an. Wie in Zeitlupe sah Norehca das Ungetüm auf sich zufliegen. Er schleuderte die Pistole fort, packte sein Schwert mit beiden Händen und brüllte ihm mit grimmiger Miene seinen Hass entgegen.

GESCHAFFT!

Yelpir flog förmlich durch die offene Tür. Sein Herz vollführte Freudensprünge der Erleichterung. Die Erschöpfung überwältigte ihn. Er sank nach Luft ringend zu Boden.
Und er bemerkte nicht, dass er nicht alleine auf der Brücke war...

FORTSETZUNG FOLGT...



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