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DIE ENTERAKTION

Das All glitt langsam vorbei. Durch die Fenster konnte man das extreme Ausmaß des Space Hulks sehen. Ein lautes Zischen, ein bekanntes Zischen, erklang, und Dampf stieß in die Vorkammer, in der sie warten mussten. Juglam überprüfte sämtliche klimatischen Werte, sowie Druck, Anziehung. Da ihre Rüstungen in einem bronzenen Silber schimmerten, spiegelten sie die wenigen Lichter wieder, welche durch die Metallgitter des Transportschiffes im Innern durchschienen. Besonders Juglam, dessen Gesicht leichenblass war, reflektierte die Statuswerte der Konsole wieder. Dabei leckte er sich immer wieder die Lippen und riss die Augen auf, während er nach seinem Kettenschwert griff, es bereits hochheben wollte, sich dann aber eines besseren besann und mit eiserner Vernunft wie gebannt weiter auf die Angaben des Computers achtete. Er gab kurz einen Befehl ein, dann trat er vom Pult zurück und nahm sein Kettenschwert wieder in die Hand, welches einen leisen pochenden Laut machte, als der am Griff befestigte Menschenschädel gegen die Kette stieß, an der er hing. Jetzt griff er in seinen Halfter an seinem rechten Oberschenkel und zog eine rostige Boltpistole heraus, verziert mit roten und schwarzen Runen, die er in einer Art zeremonieller Handlung küsste.
Er drehte sich zu der Mannschaft um.
Die Soldaten wandten sich ihm zugleich zu. Ein kurzes Raunen ging durch den langen Korridor, aber niemand murrte. Im Gegenteil, sofort hatten viele von ihnen ihre eignen Waffen gepackt, ob nun Schwert, Axt oder einfaches Messer, und waren mit einem Gefühl der begierlichen Erwartung auf ein erfreuliches Ereignis, vielleicht sogar von etwas noch besseren, einen Schritt auf ihn zugegangen.
Juglam konnte sich nun auch kaum mehr zurückhalten, aber da er seine Männern wenigstens noch eine kurze Zeit unter Kontrolle halten musste, redete er sich selbst ein, dass er nur noch wenige Momente seine Lust zügeln musste. Wahrlich, er war begierig darauf. Im Prinzip würde er sofort damit anfangen, wenn ihn nicht der leere Raum davon trennen würde. Aber eine innere Stimme versprach ihm etwas besseres. Einen weitaus ebenbürtigeren Gegner als seine eigenen Ordensbrüder. Einen Gegner, wie er ihn nie gehabt hatte, ohne die altbekannte Form, für Juglam langweilige, Art der Kampfkunst.
Er war ein Meister seiner Kunst. Er beherrschte teilweise äonenalte Kampfarten. Einen Assassinen soll er angeblich einmal im Nahkampf niedergestreckt haben. Aber das war damals gewesen, jetzt zählte das heute. Es ging ein starker Ruck durch das Andockschiff, keiner der Soldaten machte auch nur eine unkoordinierte Bewegung. Alle standen unbeweglich in ihrer Rüstung, gebannt auf die Ausgangstür starrend. Diese öffnete sich mit einem leisen surrenden Ton, als ob Zahnräder ineinander greifen würden. Kurz darauf heulte kurz nacheinander drei mal eine Sirene auf, die deutlich machen sollte, dass die Stahltüren sich öffnen würden. Juglam wurde erregt, seine Hand zitterte, er konnte sich kaum noch zügeln. Die Sirene, sie machte einen unerträgliches Geräusch. Er stieß einen unartikulierten Laut aus und schleuderte sein Kettenschwert gegen den Lautsprecher. Fast augenblicklich erstarb der Warnton, seine Muskeln entkrampften sich wieder. Er atmete immer noch sehr stark, seine Besatzung intensiv musternd.
Die Stahltür glitt auf.
Juglam drehte sich um, ging ein paar Schritte ins Ungewisse, suchte nach etwas. Als er es an der Seitenwand entdeckte, betrachtete er es zuerst überprüfend, zog dann eine Plastikkappe herunter und betätigte einen Schalter. Augenblicklich leuchteten Halogenlampen im Gang auf und man konnte sehen, wie sich der lange Gang nach etwa hundert Schritt nach rechts wand. Immer noch sprach er kein Wort, nickte nur seinen Gefolgsleuten zu. Diese blieben stets hinter ihm. Fast erinnerte ihre Art zu gehen an eine Marschbewegung, die sich über viele Jahre hatte unterdrücken lassen.
Juglam war sehr erregt, er hoffte auf seine bis jetzt größte Begegnung in einem Kampf. Er zog scharf die faulige Luft ein, und atmete sie verachtenswert wieder aus. Der Geruch erinnerte ihn an gefallene, nicht würdige Gegner. Verfault und vergangen, vom Zahn der Zeit zersetzt.
Es war nicht seine erste Enteraktion. Bereits einmal hatte er an einer teilgenommen. Jedoch war sie damals schiefgelaufen. Die meisten seiner Brüder waren dahingemetzelt worden. Sie hatten zwar einen Feind erwartet, aber nicht in solch übermächtiger Zahl. Diese Außerirdischen waren unglaublich widerstandsfähig gewesen und hatten sogar weitergekämpft, als ihnen ein Arm oder Bein abgeschlagen worden war. Es wurde vermutet, dass sie primitiven Ursprungs sind, jedoch kann man sich bis jetzt nicht erklären, wie sie es wohl geschafft hatten, einen Space Hulk unter Kontrolle zu bringen.
Das tat aber nichts zur Sache. Heute. Jetzt. Es war sein Tag und er wusste, dass es sein Tag werden würde. Seit kurzer Zeit konnte er ein Kratzen, ein nervenaufreibendes Geräusch auf Metall vernehmen. Als ob jemand mit seinen Fingern an einer Wand entlang fuhr. Juglams Schritte beschleunigten sich, auch seine Männer folgten ihm nun mit noch mehr Eifer, einige stießen Schreie aus, und ließen die Kontakte schleifen, die ihre Kettensägen und -schwerter aktivierten.
Sie näherten sich der Biegung, und als Juglam unvorsichtig um die Ecke herum bog, hörte er einen Schrei weiter hinten. Keinen Lustschrei, den man voller Ekstase in Erwartung auf einen blutigen Kampf ausstieß. Sondern ein schnell erstickendes Gurgeln und dann nur noch das Fluchen seiner Brüder. Als er sich noch fragte, was geschehen sei, kreischte der neben ihm stehende, nein knurrte eher, was zu einem wolfsartigen Geheul anschwoll. Juglam drehte sich herum und sah gerade noch, wie ein mit Stacheln besetztes Wesen dem Berserker neben ihm erst die Beine zerfetzte und darauf den Oberkörper abtrennte. Instinktiv aktivierte Juglam sein Kettenschwert, und noch während er ausholte, begann das luftzerreissende Kreischen der eingebauten Säge, welche sich einen Sekundenbruchteil später in den Oberkörper der fremden Kreatur biss. Das Wesen machte kaum ein Geräusch, sondern sank fast auf der Stelle zusammen. Dies war der Auslöser gewesen.
Die Berserker konnten sich nun nicht mehr halten, überall heulten ihre elektrischen Waffen auf und sie stürmten vorbei an Juglam den Gang herunter. Manche blieben kurz stehen, um nochmals auf den toten Außerirdischen einzuhacken, rannten dann aber den anderen folgend in die Dunkelheit, aber Juglam blieb stehen, er war fasziniert. Die Kreatur war verglichen mit seiner eigenen Größe winzig. Sie ging ihm gerade mal bis an die Kniepanzerung. Und doch hatte sie einen seiner Leute in Windeseile exterminiert. Wahrlich, er würde seinen Gegner heute finden. Und Blut würde fließen, nur wessen?
Plötzlich wachte er wie aus einem Alptraum der Stasis auf, zog seine Boltpistole, feuerte nochmals ein paar Schüsse auf den Kopf der Kreatur, der zersprang und sich auf seiner Rüstung verteilte. Nun fühlte er sich ermutigt, gestärkt von einem unbekannten Gegner. Er war eins mit dem Gegner, eins mit seinem Gewebe, eins mit der Kunst des Kampfes. Er drehte sein Kettenschwert bis zur Höchstleistung auf und stürmte den Flur hinunter. Und dann sah er etwas im Dunkeln. Etwas grauenvolles. Etwas....dem er mit Vergnügen begegnen wollte.

Fleischeslust und Inbrunst der Ekstase. Es war ein Schlachten, ein wahrer Kampf. Die Außerirdischen hatten viele unterschiedliche Formen und Farben, die sie auf die unterschiedlichsten Arten einsetzten, Juglam gelang es nocht nicht das Verhalten dieser Wesen vollkommen zu durchschauen.
Nach dem Auslöser hatten sich seine Leute in zwei Hälften geteilt. Die eine war, dem Holoplan nach, in Richtung Reaktor vorgedrungen, in dessen Nähe das Sensorgerät sehr stark ausgeschlagen hatte. Das heißt, dass dort viele fremde Lebensformen warteten.
Juglam und die andere Hälfte waren zum anderen Zentrum der entstellten Wesen geeilt. Inmitten der unterschiedlichen Lebensformen zeigte der Sensor an, dass dort eine riesige Kreatur existierte. Aber noch waren sie weit davon entfernt dorthin zu kommen. Im Moment steckten Juglam und seine Leute in einer Falle. Am Ende eines Ganges hingen sie fest. Und nun strömten hunderte von den kleinen Wesen, ähnlich dem das sie als erstes erblickt hatten, aus den Lüftungsschächten und Quartieren auf sie zu. Doch die Berserker schlugen sich gut. Für jeden bronzenen Soldaten mussten mindestens vier der fremden Kreaturen fallen. Waffen flogen durch die Luft, das ohrenbetäubende Gekreische der Tiere hallte die Gänge entlang und seine Brüder rissen sich die Helme vom Kopf. Dahinter zeigten sich bleiche Gesichter, mit schaumbesetzen Mündern. Juglams Gesicht hatte sich sehr verändert. Die unterdrückende Wildheit hatte sich zu einem Toben seiner Blutlust gewandelt. Die Gesichtsmuskeln waren nun nicht mehr angespannt, sondern hoben sich derart hervor, dass es eine erschreckende Fratze bildete. Die ganze Haut war mit getrocknetem Blut verklebt, eines seiner Ohren fehlte, von einer rasiermesserscharfen Kralle abgetrennt, und die Gesichtsmuskeln waren verkrampft, drückten innere Freude, wie auch Schmerz aus, den er empfand. Mit Leidenschaft durchtrennte er fremde Körper, verging sich am Leben, verfluchte das Leben. Aber er wusste in Gedanken, dass er für etwas Gutes kämpfte, und dafür diesen dunklen, unansehlichen Fleck auf dem Beweis der menschlichen Überlegenheit, dem Space Hulk, zu vernichten, auszulöschen, in die Ewigkeit zu schicken. Und er fällte jeden Moment wieder sein Urteil über neue unbekannte Lebensformen. Er war der Richter der Gerechtigkeit, des Gleichgewichts. Ebenso mussten auch seine Brüder denken.
Plötzlich hörte der Ansturm auf. Völlig abrupt, von einer Sekunde auf die andere. Kein einziges der Wesen kam mehr den Gang auf vier Gliedern heruntergerannt, mit fletschenden Zähnen und einem gewissenlosen Einsatz seiner selbst.
Furchtbar langsam entspannten sich die Berserker wieder, luden ihre Boltpistolen nach, die sie sogar hatten benutzen müssen unter dem großen Andrang. Jetzt war alles still. Nur das leise Stöhnen des riesigen Raumschiffs hallte durch die Gänge, von seiner schweren Last berichtend. Man konnte jeden Laut vernehmen: Das Klirren von leeren Patronenhülsen, Sichern von Schußwaffen und das keuchende Atmen der Soldaten. Mit seinem Kettenschwert deutete Juglam auf die Biegung zur rechten, die wenige Meter entfernt war. Seine Männer nickten und folgten ihm. Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Krach, Metall zersplitterte und die Berserker wurden Zeugen ihres schlimmsten Alptraums.

Der erste Trupp war inzwischen weiter vorgedrungen und nicht mehr allzu weit vom Reaktor entfernt. Es hatten sich ihnen kaum welche der fremdartigen Wesen entgegengestellt, nur einige, die sich wohl eher verlaufen hatten. Deswegen war ihre Anzahl von einundzwanzig Mann nicht gesunken. Sie betraten eine Halle, die Lichtmarkierungen am Boden aufwies, welche immer in Richtung Ende der Halle blitzten. Das musste einer der vielen Lagerräume gewesen sein. Aber jetzt lagen hier nur noch vereinzelt leere Boxen und Container herum, hinter so manchem die Gebeine eines verstorbenen Wesens. Unidentifizierbare Hüllen, meist deswegen, weil die wilden Tiere eine Art Chitinschicht aufwiesen. Diese Chitinschicht war eine äußere Skelettschicht, die sich um die Organe als Schutzfunktion bildete. Deshalb besaßen die Kreaturen keine Knochen, sondern nur eine harte Schale.
Der Sensor schlug aus! In der Halle lauerten der Anzeige nach hunderte der kleinen Wesen, jedoch konnte keiner von ihnen auch nur eines erkennen. Kruchtakh, welcher das Kommando übernommen hatte, warnte seine Leute. Sie sollten sich die Umgebung genau anschauen, auf jeden noch so undeutlichen Schatten achten und ihre Waffen bereithalten.
Noch während er sprach, ergoß sich ein wahrer Feuerschwall von der Decke auf sie herab. Nun konnte man sie deutlich sehen. Wesen mit Flügeln und einem rüsselartigen Vordersatz hingen von der Decke und bewirkten durch irgendeine chemische Reaktion diese Feuersbrünste. Vier der Berserker gingen unter Schmerzen zu Boden, als das Feuer sich durch ihre Kopfhaut fraß. Die anderen zückten schleunigst ihre Pistolen und schickten einen Feuerhagel in Richtung Decke. Prompt fiel ein Dutzend der verunstalteten Wesen zu Boden, schlugen dort mit einem knirschenden Laut auf, starben aber nicht sofort, sondern gaben immer noch Feuerstöße von sich. Kruchtakh reagierte schnell und teilte seine Leute ein. Zehn Männer sollten weiterhin auf die Decke feuern, während er und die restlichen sich aufmachten und mit dem erlösenden Kreischen ihrer Handwaffen die Bestien von ihrem Dasein erlösten. Der Plan ging tatsächlich auf, ohne dass sie weitere Verluste hinnehmen mussten. Denn schon bald spreizten die Wesen ihre Flügel und flohen durch Lüftungsschächte zu einem anderen Ort in diesem metallenen Monstrum, wo sie sich niederlassen konnten.
Die Berserker waren jetzt aber in Rage, dieses inhaltslose Schießen hatte ihnen nicht die dringend benötigte Erregung gebracht. So vergingen sie sich an den herumliegenden leblosen Körpern, indem sie ihre Waffen zur Seite legten und mit Genuss die Flügel, Fortsätze und restlichen Glieder mit den bloßen Händen auseinanderrissen und das Blut auf ihren Rüstungen sowie in der Halle verteilten. Sie waren nicht zu bremsen, aber ohne dieses, für sie äußerst wichtige Ritual, konnten sie auch nicht weiterkämpfen. Es war wie eine lebensnotwendige Handlung. Wie schlafen und trinken. Wie essen.

Der Anfang vom Ende war nah. Es standen nur noch Juglam und sechs seiner Begleiter. Die Körper der restlichen Soldaten lagen zertrümmert, verformt und entstellt am Boden, zerteilt, gebrochen und deformiert.
Das monströse Wesen, welches so plötzlich aufgetaucht war, stellte für Juglam die absolute Macht, die Vollkommenheit dar. Er kannte den Namen des Ungetüms: er war Carnifex.
Da der schmale Korridor ungeeignet für so eine Körpergröße gewesen war, hatte dieses Monstrum einfach die starken und überaus stabilen Metallwände mit seinen riesigen Klauen zerrissen und war durch die Wand gekommen vor der sie gestanden hatten. Selbst die Berserker waren nicht in der Lage gewesen schnell zu reagieren und waren förmlich niedergemäht worden. Juglam hatte selbstverständlich einige Treffer erzielen können, mit seiner Pistole sowie mit seinem beschädigten Kettenschwert. Doch die Horrorgestalt trug einen viel stärkeren Chitinpanzer als seine Artgenossen. Außerdem verfügte es über enorme Kraft. Es packte einfach einen Berserker und presste ihn mit seiner geballten Kraft zusammen, bis auch der letzte Hauch aus ihm gewichen war. Doch Juglam hatte kein Mitleid empfunden, nur etwas Bestürzung. Er sah sich nicht in der Lage, diese gigantische Gestalt zu besiegen. Es gab nur noch eine allerletzte Gelegenheit.
Wieder und wieder schlug das Wesen auf einen seiner Brüder ein, mit erstaunlicher Präzision und Schnelligkeit, dass Juglam nahe daran war in einen Zustand des Erstaunens zu verfallen, der mit Sicherheit nicht mehr lange angedauert hätte, denn nun kam das Wesen auf ihn zu.
Mit perfekten Reflexen wich er dem Carnifex aus, immer wieder mit einem abgetrennten Arm parierend, wobei er weniger den Schlag abfing, als dass er ihn ablenkte, so dass die kraftvollen Hiebe links und rechts an ihm in die Wand und den Boden schlugen. Das Monstrum stieß einen fürchterlichen, markerschütternden Schrei aus. Dies war die Chance. Die einzige. Die letzte.
Juglam griff an seine Brust, an der einige Ketten quer über den bronzenen Panzer hingen, an denen drei Sprenggranaten befestigt waren. Blitzschnell ergriff er zwei von ihnen, zog die Sicherung heraus, warf sie der Gestalt entgegen und rannte so schnell wie möglich in Deckung. Alles ohne auch nur einen Laut von sich zu geben. So war es nicht weiter verwunderlich, dass der erste Tote nicht das Wesen sondern einer seiner Berserker war. Einen Moment war Stille. Eine einfache Sekunde lang schien alles still zu stehen ohne jegliche Bewegung, ohne einen Atemzug, ohne Zeit.
Die zweite Explosion folgte kurz darauf. Juglam wurde in die Luft gehoben und durch den Raum geschleudert. Er fiel hart auf etwas sehr widerstandsfähiges. Das Wesen!
Doch seine Sorge waren umsonst. Es war lediglich eine abgetrennte Klaue. Mit einem Gefühl der Gier schaute er auf. Die Explosion hatte einen blauen Dunst erzeugt, durch den er kaum etwas erkennen konnte. Doch er hörte ein Winseln. Ganz leise, aber doch nicht zu leugnen. Er ging ein paar Schritte in die Richtung, in der die blauen Dunstschwaden am dichtesten waren. Dort konnte er einen großen Schatten erkennen. Das Monstrum lebte immer noch. An einigen Sehnen hing immer noch eine Klaue, der Kopf schien fast unbeschädigt, jedoch waren die unteren Extremitäten vom Torso vollkommen abgetrennt. Aus dem Oberkörper hingen Gedärme, riesige Organe, die ein Eigenleben zu führen schienen, heraus. Das Winseln ging von dem Wesen aus. Man konnte nun fast soetwas wie einen intelligenten Ausdruck in seinem Gesicht erkennen. Es war sich der Tatsache bewusst, bald sterben zu müssen. Woher die plötzliche Einsicht gekommen war, vermochte Juglam nicht zu sagen. Rund um das Wesen tauchten Schatten auf, Schatten, die näher kamen. Sie hatten die Umrisse von bis zu drei Metern großen Menschen. Sie trugen Rüstungen und waren bewaffnet. Sie waren blutgierig und es waren ihnen egal wessen Blut fließen würde. Ein eindringliches Kreischen begann. Zuerst ausgehend von den technischen Instrumenten der Zerstörung, dann auch aus dem organischen: das Wesen schrie. Die Kettenschwerter bohrten sich in die Chitinschicht. Nach einigen Schleiflauten durchbrachen sie den Panzer, Flüssigkeiten spritzten aus dem Torso. Auch wenn das Wesen bereits tot war, sie schnitten, zertrennten, zerfleischten, vergingen sich weiterhin. Lust, Entfaltung der eigenen Gier, Hass, alle ihre Gefühle wurden frei. Es war ein Klang, den man nie vergessen würde. Nicht einmal im Schlaf. Für Juglam war es eine ganz besondere, eine einzigartige Erinnerung, er wollte sie niemals vergessen. Er verband sie mit Hass, mit den tiefsten Gefühlen der Verachtung, mit etwas so fürchterlich dunklem, einer pechschwarzen Säule, die sich schlängelnd und um sich selbst drehend auf den Abgrund zubewegt. Die Inkarnation seiner geheimsten Wünsche, eines ewig währenden Traums. Sein ganzer Körper erzitterte vor dieser Macht der gefürchteten Gefühle.
Dann taten sie ihr dunkles Werk.



Urheberrecht: Christopher Klöble, 1999



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