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HORUS HERESY


"Horus Heresy" ist ein Strategiespiel aus dem Hause Fantasy Flight Games unter Lizenz von Games Workshop für 2 Spieler. Die Schlacht um den Palast des Imperators wird hierbei nachgestellt und die Spieler übernehmen jeweils das Kommando über die Streitkräfte des angreifenden Verräters Horus und des verteidigenden Imperators.

 

AUSSTATTUNG

Von Fantasy Flight Games wird man ja eigentlich immer mit einem sehr hohen Standard verwöhnt, aber wenn der Begriff "Warhammer 40.000" fällt, neigt man eben doch dazu noch etwas mehr zu erwarten. Leider kann Horus Heresy in diesem Bereich am Ende nur bedingt punkten - das Spielbrett fällt zwar unter die Kategorie 'Groß', ist aber auch nicht richtig beeindruckend gigantisch-groß ausgefallen. Gerade da die Zielgruppe vornehmlich aus Tabletop-Spielern besteht, die große Spieltische gewohnt sind, hätte man hier eventuell lieber mehr investieren sollen. Die Aufmachung ist wiederum ganz ansehnlich, doch im Vergleich zum äußerst stimmungsvollen Boxcover-Artwork wirkt das Spielbrett doch etwas zu funktional. Ein zusätzlicher Rahmen mit düsteren Gothic-Motiven oder Schlachtgemälden hätte dem ganzen nicht schlecht gestanden.
Von ganz ordentlicher Qualität sind die Plastik-Miniaturen, aber man darf natürlich kein Tabletop-Niveau erwarten. Von der Größe her sind sie etwas klein geraten, was auch dazu führt, dass man zur Unterscheidung sehr genau hinsehen muss. Chaos Kriegerbanden und Kultisten ähneln sich zum Beispiel frappierend. Auch was die vier verschiedenen Chaosmächte anbelangt, hätte man sich hier über unterschiedliche Miniaturen sehr gefreut, stattdessen sehen alle Dämonen identisch aus und sind nur anders gefärbt. Die dreidimensionalen Befestigungen, die sich ins Spielbrett hineinlegen lassen, sind leider nicht aus massivem Hartplastik sondern bestehen aus einer bedruckten dünnen Plastikschicht, müssen aber dafür nicht bemalt werden und fügen sich gut ein. Etwas peinlich ist, dass in die beiden Festungstürme des Imperialen Palasts nicht alle drei Space Marines Einheiten und der zugehörige Primarch der Startaufstellung hineinpassen.

 

SPIELKONZEPT

Hier gelingt es "Horus Heresy" in einigen Bereichen zu beeindrucken, denn das Spiel wartet mit einer interessanten frischen Mechanik auf. Ganz dem aktuellen Zeitgeist entsprechend wird auf Würfel vollkommen verzichtet und auf Karten gesetzt, doch besonders ist auch, dass es keine lineare Zugreihenfolge gibt und es von den Spielern abhängt, wann die Initiative wechselt:
Am unteren Rand des Spielbretts befindet sich eine Zeitleiste, auf welcher beide Spieler einen Markierungsstein legen. Das Ausführen von Aktionen/Befehlen versetzt den Stein um die angegebene Zahl an Feldern nach Vorne, man ist jedoch weiterhin an der Reihe, solange man den anderen Stein nicht überholt hat. Nach einer teuren Aktion des imperialen Spielers hat der Chaos-Spieler also Luft, um mehrere günstige Aktionen auszuführen, und kann auch seine Ausgaben so koordinieren, dass er direkt hinter dem gegnerischen Spielstein landet, so dass er auch schnell wieder an der Reihe ist. Manchmal macht es jedoch Sinn weite Sprünge zu machen, da bestimmte Felder etwas auslösen, z.B. das Ziehen von Ereignis- und Aktionskarten und besonders wichtig: Das Erholen der bereits verwendeten Truppen. Dies soll natürlich besser der gegnerische Spielstein auslösen, damit man selbst nach dem Initiativwechsel wieder aus dem Vollen schöpfen kann. Dementsprechend ist das Planen der Aktionen und der Wettlauf auf dem Zeitstrahl das zentrale Spielelement und bestimmt die Planungen der Spieler.
Wird das letzte Feld erreicht, bewirkt dies den Sieg des Imperiums, ansonsten können beide Seiten sofort gewinnen, sobald entweder der Imperator oder Horus ausgeschaltet worden sind, oder alle vier Raumhäfen besetzt wurden. Letzteres ist erst nach einigen Spielrunden möglich, und trägt stark zur Spannung bei, da der imperiale Spieler ab der Freischaltung dieser Siegbedingung immer zusehen muss, dass er dem Chaos-Spieler mindestens einen Raumhafen vorenthalten kann. Es reicht also nicht, den Imperator in seinem Palast zu verbunkern. Die Raumhäfen sind wiederum von Abwehrkanonen umgeben, welche den Chaostruppen die Landung erschweren - ein glücklicher Treffer kann einen ganzen Titanen vernichten. Insofern beginnt das Spiel meist damit, dass der Chaos-Spieler versucht sich dieser Gefahr zu entledigen und die Geschütze zu beseitigen, während sein Gegner diese zu verteidigen versucht. Auf diese Weise teilt sich der Spielverlauf in mehrere Phasen, in denen es immer etwas zu tun gibt, und beide Spieler unterschiedliche Etappenziele haben.

Das Kampfsystem ist relativ simpel und leicht zu erlernen. Einheiten besitzen einen Kampfwert, der ihre Lebenspunkte darstellt und außerdem zieht man im Kampf die aufgerundete Hälfte an Kampfkarten. Diese haben einen Angriffswert und eventuell auch Verteidigungspunkte, sowie bei passender Einheit Sondereffekte. Interessanterweise dauern nicht alle Schlachten gleich lang, je nach Befehl kann eine Schlacht auch mal nur 4 Runden lang gehen, das Maximum beträgt 8. Der Veteidiger bestimmt, wer die erste Runde erhält, und hier wird es wieder sehr taktisch: Denn in der ersten Runde darf nur mit einer Karte angegriffen und auch nur mit einer Karte verteidigt werden, in der zweiten Runde mit derer zwei usw. usf. Man muss sich also im Hinblick auf seine gezogenen Karten gut überlegen, wann man sie einsetzt - eine hohe Angriffskarte in der ersten Runde kann z.B. kaum geblockt werden, da nur wenige Karten einen hohen Verteidigungswert aufweisen. Andererseits will man eventuell auch lieber seine Karten für den letzten Schlag aufbewahren, und spekuliert darauf, dass der Gegner seine Karten bis dahin vor allem für Angriffe verwendet hat und daher am Ende kaum noch etwas blocken kann.
Helden wie der Imperator und die Primarchen besitzen 10 Lebenspunkte und erhalten besondere Helden-Kampfkarten. Außerdem verfügt jeder Held über eine einzigartige Sonderfähigkeit, z.B. vermindert Mortarion bei allen Gegnern den Kampfwert um 1 und Fulgrim darf vor Kampfbeginn versuchen alle gegnerischen imperialen Soldaten und Panzer zum Überlaufen zu korrumpieren. Dies macht sie besonders mächtig und zu entscheidenden Faktoren auf dem Schlachtfeld.

 

VARIANZ

Durch den Verzicht auf Würfel ist die Varianz durch die verschiedenen Kartenstapel festgelegt. Zu Beginn des Spiels gibt es z.B. eine Korrumptionsphase, bei welcher einige der anfangs vorhandenen Truppen auf Terra zu Horus überlaufen. Hierbei zieht man aber dieselben Karten wie auch danach beim initiierenden orbitalen Bombardement. Karten, welche ein Überlaufen bewirken, sind gleichzeitig auch meist Treffer beim Bombardement - dies bewirkt, dass sich das Glück ausbalanciert, es ist eher unwahrscheinlich, dass der Chaos-Spieler viele Truppen übernimmt und dann auch noch beim Bombardement gut trifft, wenn auch nicht unmöglich. Mittels dieser zufallsbestimmten Eingriffe vor Spielbeginn startet das Spiel schon mal immer ein wenig anders. Ansonsten ist der Aktionskartenstapel recht umfangreich und hier kann die richtige Befehlskarte zur richtigen Zeit enorm viel am Spielverlauf ändern. Die Ereigniskarten sind dagegen nicht sehr zahlreich und mit Absicht vorhersehbar und planbar gehalten, im Basisszenario ist ihre Zusammenstellung vorgegeben und es wird nur innerhalb der drei Akte gemischt, so dass es z.B. klar ist, welche drei die ersten Ereigniskarten sind, aber nicht ihre Reihenfolge.

Dem Regelbuch ist ansonsten noch ein Missionsbuch mit insgesamt 6 Szenarien beigelegt. Während das Basis-Szenario die "historische" Schlacht darstellt, kann man in den anderen z.B. die Startaufstellung ändern, und es werden andere Ereigniskarten eingesetzt. Ein bestimmtes Szenario entfernt wiederum die Siegesmöglichkeit des Imperiums per Zeitstrahl, so dass der imperiale Spieler viel offensiver vorgehen, und entweder Horus zur Strecke oder die vier Raumhäfen besetzen muss. Am grundsätzlichen Spielsystem ändern diese Szenarien zwar nichts, doch sie führen zu abweichenden Abläufen und neuen Strategien, eine hohe Wiederspielbarkeit ist somit auf jeden Fall gegeben.

 

KOMPLEXITÄT

Beim ersten Mal muss man sich noch ganz schön durcharbeiten (Spieldauer ca. 6 Stunden, später schafft man es in ca. 4 Stunden), und da besonders in der Anfangsphase des Spiels vor allem vom Chaos-Spieler wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, gestaltet sich der Einstieg nicht leicht. Die taktischen Überlegungen auf dem Zeitstrahl einerseits und dem Schlachtfeld andererseits führen zu komplexen Situationen, bei denen man auch einige Züge in die Zukunft denken muss. Da verwendete Einheiten bis zum nächsten Erholungsfeld auf dem Zeitstrahl inaktiv sind, muss man sich sehr gut überlegen, wie man vorgeht. Und da geflohene Truppen zwei Erholungen benötigen, um wieder aktiv zu werden, muss man auch seine Schlachten gut planen. Eine verlorene Schlacht bedeutet, dass eine überlebende Rest-Armee für lange Zeit tatenlos herumsteht. Verluste sind zudem meist nicht zu kompensieren, alle Space Marines Einheiten und besonders die mächtigen Helden sind z.B. einzigartig.

Auch wenn "Horus Heresy" sehr actiongeladen ist (es gibt kein Ressourcenmanagement, keinen regelmäßigen Einheitenbau, keine Forschung, nur Krieg) bewirken der hohe taktische Anteil und die vielfältigen strategischen Möglichkeiten, dass sich Warhammer 40.000 Spieler, die solches vom Tabletop her nicht kennen, überfordert oder davon sehr angestrengt fühlen könnten. "Horus Heresy" reiht sich vom Schwierigkeitsgrad her neben anderen vergleichbaren Strategiespielen der ersten Liga ein, wie z.B. "Der Ringkrieg" oder "Starcraft". Entsprechend werden passionierte Brettspielfans kein Problem mit der gebotenen Komplexität haben.

 

FAZIT

Ein anspruchsvolles spannendes und hochtaktisches Strategiespiel für Hobby-Kriegsmeister und -Imperatoren, das in der Austattung leider "nur" gehobener Standard ist und daher in dem Bereich ein klein wenig enttäuscht. Ansonsten ein Garant für lange Spielabende und rauchende Köpfe.

 

Huân Vu, 2010







 




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