Portal <
Info/Impressum <
Team <
Forum <
 [ 298024/M3 ]
[ Suche | Einloggen | Kontakt ]
 




REGEN üBER AVALON TEIL 2

Das Donnern unserer Schrotflinten hallt von den Wänden wider, als meine Kameraden in das Feuer einstimmen, und die Kultisten werden von den Schrotsalven buchstäblich zerfetzt. Ihre tanzenden Bewegungen verkommen zu zuckenden, schmerzerfüllten Krämpfen, als Salve um Salve in die verdorbene Gemeinde fährt und ein Sprühnebel aus Blut und umherfliegenden Körperteilen einem beinahe die Sicht nimmt. Der Anführer der Kultisten stößt einen Schrei voll ohnmächtiger Wut und unbändigem Hass aus, bis er einen Sekundenbruchteil später von Sergeant Oldfields HE-Lasergewehr niedergestreckt wird. Nach ein paar Sekunden ist es vorbei. Der Zeremonienraum gleicht einem Schlachthaus, und wie vorher durch die stinkenden Abwässer waten wir nun durch die knöchelhohe Flut aus Blut. Eigenartigem Blut, das einen seltsamen Geruch verströmt, zäh wie Schleim ist und einen ungewöhnlich violetten Farbstich zu haben scheint.

"Mike, Murray, sichert die Ausgänge!" brüllt Oldfield während er den Blick über das Gemetzel schweifen lässt und hier und da einen HE-Energiestoß in einen Kultisten schickt, der noch nicht ganz hinüber ist. Mike und Murray erreichen die Torbögen der beiden Eingänge und spähen mit ihren Nachtsichtgeräten und angelegten Schrotflinten in die Finsternis.

"Sauber!"
"Alles klar!"

"Gute Arbeit Leute, wir ziehen uns bis auf Weiteres zurück und erwarten neue Order vom Oberkommando! Aniston, könnt ihr uns hören? Wir kommen zurück!"

Ein ungutes Gefühl befällt mich ob der eigenartigen Konsistenz des Blutes, und mit angelegter Schrotflinte bewege ich mich langsam auf den gefallenen Meister des Kultes zu.

"Aniston, melden!"

Ich hatte zwar schon schlimmer mutierte Kultisten während meiner Einsätze gesehen, doch diese Farbe und dieser Gestank sind mir neu.

"Verdammt Aniston, bist du zu blöd um dein Mikro zu bedienen?"

Ich steige über den letzten Leichnam und stehe vor dem drahtigen Körper des Anführers, auf dem ich aus dieser Entfernung kleine blasenartige Gebilde unter der Haut zu erkennen scheine. Eine furchtbare Vorahnung überkommt mich, und ich bewege den Lauf meiner Schrotflinte unter die Kapuze und streife sie vom leblosen Kopf des Anführers. Die Reißzähne sind nur der Anfang. Er hat keine Nase, gelbe Augen mit katzenhaft geschlitzten Pupillen und einen aufgeblähten Schädel. Und vier Arme.

"Sarge, verdammt, das sind keine Kultisten, das sind Hybriden!!"

Wie als Antwort ertönt aus der Tiefe eines Torbogens ein schriller Schrei, nicht der eines Menschen, und kein Tier das ich je gesehen habe könnte einen derartigen Schrei ausstoßen, der einem durch Mark und Bein fährt und kalte Schauer über den Rücken jagt. Erst nur einer, dann zwei, dann drei, dann eine ganze Menge. Es dauert nur eine Sekunde, bis Sergeant Oldfield die Lage analysiert hat und die Erkenntnis in seinem Gesicht sichtbar wird.

"Alle Mann raus hier!!!"

Unser Abrücken gleicht mehr einem Wettlauf um den letzten Zuckerguss - Donut als einem geordneten Rückzug. Der Rest des Trupps hat das Abwasserrohr schon passiert, nur ich und Michaels helfen uns gegenseitig in die klaffende Öffnung hoch. Ich erhasche noch die verschwommene Fratze eines Termaganten, der um die Türöffnung biegt, dann werden die anderen Geräusche des Abwasserrohres durch die schrillen Schreie Michaels überlagert, aus dessen Brustkorb, der sich wie eine groteske Blüte geöffnet hat, innerhalb einer Sekunde ein Schwarm laut zirpender Bohrkäfer hervorbricht. Ich höre das Platschen meiner Stiefel im Abwasser und das Pochen des Blutes in meinen Ohren, dann erreiche ich das Ende des Rohres und die entsetzten Gesichter meiner Kameraden.

"Dichtmachen!" brüllt Sgt. Oldfield Arnold zu, dann gibt er eilig den Befehl zum Weitermarschieren. Während wir rasch durch die marmorne Halle vorrücken, erfüllt ein elektronisches Piepen die Luft, das immer schneller wird.

"Granate!!!"

Die Detonation wirbelt eine Wolke äonenalten Staubes auf, und das Fresko unseres göttlichen Imperators beginnt zu brechen und rieselt in einem stetigen Strom kleiner Farbsplitter von der Decke. Was für eine Schande! Wir erreichen rasch den Torbogen durch den wir in die Gewölbe vorgedrungen sind, nur um die beiden leblosen Körper von Aniston und Bryson vorzufinden. Anistons Kopf fehlt, er wurde anscheinend mit einem sauberen Schnitt vom Kopf getrennt. Typisch Aniston. Sogar ein perfekter Abgang. Sgt. Oldfield nimmt Funker Murray zur Seite und wechselt rasch ein paar Worte mit ihm, worauf dieser den Hörer von seinem übergroßen Funktornister nimmt.

"Adlerhorst, hier Elysia eins-zwo-sieben, erbitten sofortige Evakuierung aus Planquadrat eins-sieben-fünf. Neue Gegnerklassifikation : Xenomorphe, wiederhole, neue Gegnerklassifikation: Xenomorphe!"

Murray lauscht etwa eine halbe Minute, bevor er Sgt. Oldfield zunickt.

"Extraktion in T-10 Minuten etwa einen Kilometer südlich von hier, nahe unserer Landungszone. Adlerhorst meldet außerdem, dass sie von Inquisitor Amenor neue Order bekommen haben. Die Makropole wird aufgegeben, orbitale Scans zeigen, dass im Umkreis von mehreren hundert Kilometern Tyranidenschwärme aus dem unterirdischen Stollensystem hervorbrechen. Sieht so aus als würde hier bald ´ne Riesenparty steigen."

In keinem imperialen Doktrin wird eine Vorschrift für Verhalten in urbanem Gelände mit der Fortbewegungsgeschwindigkeit zu finden sein, mit der wir in Richtung des Abholpunktes unterwegs sind.

"Das - schnauf - war verdammt noch mal die schrägste Party - schnauf - , auf die wir je eingeladen wurden!" ächzt Rostov zwischen zwei keuchenden Atemzügen, als wir uns am Abholpunkt zwischen diverse Überbleibsel der hiesigen Wohneinrichtungen ducken. Meine Leute halten ihre Waffen im Anschlag, doch das schrille Kreischen, das uns aus der Kanalisation gescheucht hat, dringt uns nun aus allen Richtungen entgegen, mal nah, mal fern. Ich versuche unbeeindruckt zu wirken, aber das Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich meine Schrotflinte nachlade und den Choke auf engste Streuung schalte. Sgt. Oldfield hat es sich neben dem Funker bequem gemacht und schreit irgendetwas in das Funkgerät, aber mehr als das Pochen des Blutes in meinen Ohren dringt nicht mehr zu mir durch.

"…was soll das heißen, keine Verstärkungen? Wie zur Hölle sollen …"

Rostov dreht sich seelenruhig eine zerfranste Zigarette aus den kümmerlichen Resten seines Tabaksbeutels und reicht mir diese, bevor ich Nein sagen kann. In solchen Situationen wird man nun mal immer wieder zum Wiederholungstäter. Im geographischen Osten der Makropole zeigt sich ein leichter heller Schimmer am Horizont, und ich werfe einen Blick auf den Chronometer. Halb vier Uhr morgens Standardzeit. Der Tag scheint hier früher zu beginnen als auf manch anderem Gestirn. Mit Anbruch des Tages lässt auch der schwere Regen langsam nach, die schweren Wolken bleiben zwar wie Magnete an den Kilometer hohen Türmen kleben aber wenigstens brennt meine Zigarette durchgehend, ohne alle zwei Sekunden durch einen dieser Monstertropfen ausgelöscht zu werden.

Just als wir glauben, das Dröhnen unseres Transporters zu vernehmen, bemerken wir, dass dieses Donnern nicht von Düsentriebwerken stammt. In der Richtung, in welcher der Palast des Friedens liegt, scheint sich eine verdammte Stampede gebildet zu haben und walzt unaufhaltsam in unsere Richtung. Sgt. Oldfield brüllt ein paar Befehle, doch es ist unnötig, da der Grossteil von uns bereits die Waffen entsichert hat und in die Richtung des wild gewordenen Haufens zielt. Eine Rotte von Termaganten hat anscheinend unsere Fährte erschnüffelt (oder wie auch immer die das machen) und hat die Verfolgung aufgenommen. Die quiekende, zischende Brut strömt in einer großen Welle auf unsere "Befestigung" zu und überbrückt schnell die Distanz zwischen uns. Auf den Feuerbefehl von Sgt. Oldfield wartet keiner mehr, innerhalb weniger Sekunden eröffnen alle das Feuer. Die ersten Tyranidenkreaturen werden vom Einschlag der Projektile von den Füßen / Klauen gerissen und durch die Wucht der Schrotladungen mehrere Meter nach hinten geworfen, wobei sie die Kreaturen hinter ihnen mitreißen. Jetzt, wo wir unsere Hosen runter gelassen haben und sie genau wissen, wo wir uns befinden, hält die Tyraniden nichts mehr zurück, und die Rotte sprintet auf uns zu.

Die Luft wird vom Dauerfeuer aus Schrotkugeln und HE-Laserimpulsen erfüllt, und die Masse an Tyranidenkörpern, die auf uns zubranden, beginnt zu wanken, doch langsam aber sicher kommen sie näher. Ein plötzlicher heftiger Luftstoß bläst mir ins Gesicht und wirbelt trotz des nassen Bodens große Brocken Müll und Staub auf, und ein dunkler Schatten schiebt sich über unsere Köpfe, wobei ein gellendes Brüllen unsere Ohren durchbläst.

Einem imperialen Valkyrie ist nichts so fremd wie der Begriff "lautlos", deswegen ist es umso verwunderlicher, dass wir seine ersehnte Ankunft im allgemeinen Getümmel nicht bemerkt haben. Unverkennbar hingegen ist das abgehackte, stotternde Husten der schweren Bolter, welche zwei der Besatzungsmitglieder nun aus den seitlichen Türen heraus abfeuern. Violetter Schleim wird quer über die Straße verspritzt, und kleine Explosionen sprengen Stücke aus dem steinernen Pflaster, welche jaulend von Chitinplatten und sehnigen Muskelsträngen abprallen. So schmerzhaft die Bisse dieser stählernen Bestie auch sind, die nun mit senkrecht angelegten Triebwerken über unserer Befestigung schwebt, die Termaganten weichen nicht zurück. Und wenn solche niederen Kreaturen wie Termaganten nicht instinktiv die Beine in die Hand nehmen, hat das nie etwas Gutes zu bedeuten. Die restlichen Termaganten ducken sich zwischen zerborstene Mauerteile und Schutthalden und erwidern das Feuer mit ihren Bohrkäferschleudern. Mike hält sich schreiend das Gesicht, kurz bevor der Bohrkäfer zirpend und mit zuckenden Fühlern wieder aus seinem Hinterkopf austritt. So viel ich auch über den menschlichen Körper und seine Göttlichkeit in meiner Grundausbildung gelernt habe, ich hätte mir nie gedacht, dass einem das Gehirn jemals aus den Ohren gluckern kann.

Der Valkyrie setzt zur Landung an und fährt sein Landefahrwerk aus, als uns ein donnernder Erdstoß von den Füßen wirft. Auf eine kurze Stille folgt ein weiterer, dann noch einer, und noch einer. Mit der zunehmenden Intensität der Erdstöße bemerkt auch der Schwachsinnigste von uns, dass es sich um Schritte handelt. Sgt. Oldfield hat sich aus seiner Deckung erhoben und brüllt uns zu, sich zum landenden Transporter zu begeben, er lehnt sich an die Mauer des Gebäudes hinter uns und gibt gezielte Schüsse mit seinem HE-Lasegewehr in die wallende Masse an Termaganten ab, während die meisten unserer Jungs los sprinten. Eine meterlange Sensenklaue bricht durch die Mauer hinter Sgt. Oldfield und bohrt sich glatt durch seinen Magen. Der Sarge wirft die Arme hoch wie ein stürzender Hardball-Spieler und ein Blutschwall sprudelt aus seinem weit geöffneten Mund, kurz bevor sich sein Torso vom Rest des Körpers löst und in den Staub fällt. Zwei weitere Sensenklauen graben sich durch die Wand, zerteilen die massive Mauer wie ein Blatt Papier, und die gesamte Front des Gebäudes zittert erst und fällt dann in sich zusammen.

Wie kann man etwas beschreiben, von dessen Existenz man nur durch geflüsterte Gerüchte, in seltenen Fällen durch verschwommene Bilder irgendeiner längst vergangenen und vergessenen Einsatzbesprechung, erfahren hat? Vor einigen Millionen Jahren, so haben wir als Kinder immer Geschichten gehört, gab es ähnliche Bestien wie diese, die sich gerade durch mehrere tausend Tonnen Stein und Metall gegraben hat, doch selbst der größte und gefährlichste dieser urzeitlichen Räuber hätte wohl wie ein geprügelter Hund den Schwanz zwischen die Beine geklemmt und Fersengeld gegeben, wäre er jemals auf diese Untier getroffen. Ein Hierodule. Ein gottverdammter Hierodule, der seine Sensenklauen mit einer Geschwindigkeit und Geschicklichkeit schwingt, mit der ich normalerweise eine Münze zwischen meinen klobigen Fingern flippen lasse. Die Bordschützen des Valkyrie ändern blitzartig ihre Feuerrichtung, und eine Reihe kleiner Explosionen blüht auf der Flanke und dem massiven Schädel des Hierodule auf, welche dieser jedoch nicht einmal zu bemerken scheint. Der Pilot versucht verzweifelt, schnell an Höhe zu gewinnen, als der Hierodule sich von den Resten der Mauer befreit und zwei donnernde Schritte auf den Valkyrie zu macht, welcher beinahe so groß wie die Kreatur selbst ist, doch die altertümliche Maschine reagiert nur schwerfällig auf seine Befehle. Fast gemächlich pflückt der Hierodule den Valkyrie aus der Luft, schwingt gelassen seine Sensenklauen und trennt das Cockpit glatt vom restlichen Rumpf ab. Nach zwanzig Metern ungebremsten freien Falls prallt das Cockpit auf das steinerne Pflaster, der Pilot hat jedoch keine Chance gegen die Tausenden Glassplitter, die durch seinen Körper fetzen. Der kopflose Körper des Valkyrie trudelt in der Luft, ein zweiter Hieb des Hierodule trennt die stählerne Tragfläche vom Rumpf, und der Valkyrie sackt ab. Die schrillen Schreie der Besatzungsmitglieder begleiten sie auf dem ganzen Weg nach unten.

Ich hechte hinter eine halbverfallene Mauer, als der Valkyrie am Boden zerschellt und einen Teppich aus brennendem Kerosin und glühenden Metallsplittern über unserer Befestigung verteilt. Arnold taumelt schrill kreischend im Kreis, hält sich die brennenden Hände vor sein verbranntes Gesicht und lässt sich nicht einmal von den Termaganten davon abbringen, welche nun über ihn strömen und ihn zu Boden zerren. Rostov und ich teilen einen entsetzten Blick aus, bevor wir die restlichen drei Mann des Trupps an den Uniformen packen und aus der Deckung zerren, weg von dem Wrack, das uns eigentlich von diesem Höllenloch wegbringen sollte, weg vom kreischenden Tod der Termaganten und dem Unheil, welches den Namen Hierodule trägt. Wir biegen schnaufend um die Ecke in eine der Seitenstrassen, welche noch unberührt scheint. Am Ende der Gasse wird ein hoher Turm sichtbar, zwar weitaus kleiner als die mächtigen Türme der Makropole, aber immer noch locker zwanzig Stockwerke hoch. Wir stürmen ohne Rücksicht auf mögliche Bewohner in das Gebäude und verbarrikadieren die Tür so gut wie möglich mit Schutt, metallenen Stangen und Sperrmüll. Rostov zieht die Splinte aus mehreren seiner Granaten und platziert diese vorsichtig zwischen den groben Müllstücken. Nur für alle Fälle. Auf unserem Weg nach oben wiederholen wir diese Prozedur etwa zehn Mal. Bis diese Bastarde alle Hindernisse, die wir ihnen in den Weg gelegt haben, überwinden, sind wir schon wieder auf halbem Weg nach Hause. Die große Plattform auf der Spitze des Turmes erhielt meine vollste Aufmerksamkeit: auch wenn manche imperialen Piloten lieber der Nachlässigkeit frönen, fliegen können sie. Und auch auf Plattformen landen, selbst wenn sie kleiner sind als der Tisch des lokalen Gouverneurs. Mit dieser Hoffnung und unserem Funker Murray im Team sollte es ein Kinderspiel sein.

Außer Atem erreichen wir die oberste Plattform und verbarrikadieren die letzte Tür hinter uns. Der Horizont hat bereits einen rosigen Schimmer angenommen, und die dicken Regenwolken weichen langsam einem klaren Himmel. In den Straßen unter uns ist die Hölle losgebrochen. Von überall her dringen die schrillen Schreie der unvorbereiteten Makropolenbewohner, welche nun von den rasenden Tyranidenmassen dahingemetzelt werden. Wie in kleinen Bächen bei Flut branden die Körper der Kreaturen durch die Strassen, wohin das Auge auch blickt. Eben richte ich meinen Blick auf den höchsten Turm der Stadt, als sich das Funkgerät zu Wort meldet.

"…..nnen Sie mich verstehen? Ich wiederhole, Sgt. Oldfield bitte kommen!"

Rostov grinst über das ganze Gesicht, als ich den Funkhörer von Murrays Tornister nehme und die Sprechtaste betätige. Ein kurzer elektrischer Schlag fährt durch meine Glieder, und eine feine Rauchfahne steigt vom Hörer empor. Erst jetzt bemerke ich den gezackten Metallsplitter, der in der Seite des Funkgerätes steckt. Bestens.

"Sgt. Oldfield, wir haben den Kontakt zu Adler 1 verloren, bitte bestätigen! Sgt. Oldfield, hören sie mich?".

Murray sieht mich mit verzweifelten Augen an, doch ich kann nichts weiter tun, als den Hörer unverbrachter Dinge wieder auf den Funktornister zu hängen.

"Der Plan wird wie verordnet durchgeführt, Avalon wird aufgegeben, ich wiederhole, Avalon wird aufgegeben. Inquisitor Amenor hat soeben den Befehl gegeben, die Torpedos sind auf dem Weg. Tut mir leid, 127stes, wir können nichts mehr tun. Möge der Imperator über euch wachen und euch in die Hallen des Elysiums aufnehmen. Adlerhorst, Ende."

Mit einem letzten Rauschen bricht die Verbindung ab. Murray bricht zusammen, sein Gesicht schlohweiß. Besser so, denn so bleibt ihm der Rest dieser Vorstellung erspart. Rostov sieht mir einen Moment nach tief in die Augen und setzt sich an den Rand der Plattform, lässt die Beine in kindlicher Manier über den Rand baumeln und zieht den Tabaksbeutel aus seiner Brusttasche. Ich setze mich zu ihm, nehme die selbstgedrehte Zigarette aus seiner ausgestreckten Hand und inhaliere tief. Rostov drückt mir stumm die Hand. Murray und die anderen stehen auf der Plattform, mit käseweißen Gesichtern, stumm, entsetzt. Kann ich ihnen nicht verübeln. Ich nehme meinen kleinen Flachmann aus meiner Hüfttasche und reiche den brennenden, billigen Alkohol an Rostov weiter, der einen tiefen Zug nimmt. Irgendwie, so hatte ich mir immer vorgestellt, hätte es anders enden sollen. Nicht gerade mit einem Orden oder mit ehrenhafter Entlassung und einem Häuschen im Grünen, aber vielleicht irgendwie … würdevoller. Ich schlage Rostov freundschaftlich auf die Schulter, als die Sonne schlussendlich über den Horizont steigt und mit den ersten Sonnenstrahlen, die über die massiven Türme streicheln, den Tag des jüngsten Gerichts über die Stadt bringt.

Der Himmel ist an manchen Stellen noch tiefdunkel, fast schwarz, und unschwer erkennt man die glühenden Feuerschweife der Zyklontorpedos, die in die Atmosphäre eintauchen. Wie ein Sternschnuppenschwarm ziehen sie über den Himmel, erleuchten die ansonsten so dunkle Atmosphäre mit ihrem Licht. Ein grelles Leuchten dringt vom ersten Torpedo zu uns hinab, und der feurige Vortex der Explosion breitet sich über den Himmel aus, taucht ihn erst in lichtes Blau, wechselt dann zu Orange und schließlich zu grellem Gelb, als der kataklysmische Vorgang beginnt, der den Feuersturm auf dieser Welt entfesseln wird. Überall am Himmel leuchten die Explosionen auf, der gesamte Horizont scheint in Flammen zu stehen. Während wir uns noch an Alkohol und Zigaretten laben, erreicht die Druckwelle der ersten Explosion den Erdboden. Die Gebäude vor uns werden innerhalb eines Wimpernschlages in den Staub geschmettert, die Errungenschaften einer ganzen Zivilisation, deren Errichtung mehrere Jahrtausende gedauert haben könnte, in einem Herzschlag zu Staub zerfallen. Die Druckwelle breitet sich rasch aus, der höchste Turm der Stadt knapp vor uns mit seinen gut zwanzig Kilometern Höhe zerbröselt vor unseren Augen, als wäre er aus Sand erbaut worden und nicht aus mehreren Milliarden Tonnen Plastoid T-Stahl und Adamantium.

Rostov reicht mir die Flasche, und ich trinke sie in einem Zug leer. Wer weiß, ob…………..

ENDE




Urheberrecht: Martin Brandhuber, 2003



Bewerte diesen Beitrag:

 




www.sphaerentor.com
[ Copyright © 2001 by Tobias Reinold & Huân Vu | Alle Rechte vorbehalten ]
Impressum | Datenschutz
 
>