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STERBEN UND STERBEN LASSEN

"Dort!" "Wo?" kreischte Merk, und brachte in der selben Sekunde sein Lasergewehr in Anschlag. Mit brennenden Augen suchte er in der dichten Vegetation des Dschungels nach Anzeichen von einer Bewegung. Nichts.
Grodo, der neben ihm lehnte streckte langsam eine Hand aus und deutete in eine unbestimmte Richtung. "Ich dachte, da habe sich was bewegt." Er zog die Hand wieder ein. "Mensch!" zischte Merk. "Du Idiot kannst einen echt erschrecken. Aber mit so was macht man keine Witze. Eigentlich..." "Aber ich dachte echt, da war was," unterbrach ihn Grodo aufgeregt. "So...zwischen den Bäumen." "Ist schon gut," fuhr Merk fort. "Wir sind alle etwas übermüdet. Aber ich glaube sie kommen heute nicht mehr." "Echt?" fragte Grodo ungläubig. "Nein." Merk schüttelte den Kopf. "Warum hätten sie den Schutz der Dunkelheit verschmähen sollen. Wenn sie angreifen wollten, hätten sie es am besten über Nacht getan. So aber... müssen sie warten..."
Merk war sich selbst nicht ganz klar ob ihn das beruhigen könnte. Aber es war eine alles in allem logische Erklärung. Die ganze Nacht hatten so ziemlich alle in der kleinen imperialen Garnison vor lauter Angst fast in die Hose gepinkelt. Obwohl Merk sicher war, das es bestimmt einige getan hatten. Seit vier Tagen hielten die Steinmauern der Kaserne nun Angriffswelle auf Angriffswelle der Tyraniden stand, und Merk konnte nicht sagen, dass er doch mit einem gewissen Stolz bei der Sache war. Ein wenig Stolz inmitten von viel mehr Todesangst.
Bis jetzt widerstanden die sandsteingelben Mauern der Festung hartnäckig den Angriffen der Schwarmwesen. Aber die Lage sah gar nicht gut aus für die Verteidiger. Sie besaßen nur noch ein funktionsfähiges Tarantula Abwehrgeschütz, das auf einem der vier Wachtürme der Festung, notdürftig repariert angeschraubt war. Deweiteren noch zwei Laserkanonen und sechs schwere Bolter, die fast alle nur noch teilweise funktionsfähig waren. Ein weiteres Problem bestand darin, dass es fast keine Bedienungsmannschaften mehr unter den wenigen übriggebliebenen Caladianern waren.
Vor zwei Tagen hatten die Tyraniden Leutnant Raul getötet. Merk wusste nicht genau, wie es den Alten erwischt hatte, aber im Lager hieß es, daß es einige Symbionten irgendwie geschafft hatten in das Kommandogebäude des Forts zu gelangen.
Zumindest zeugten die beiden entstellten Leichen der Wachen von einer Infiltration...

Dabei hatte alles so gut angefangen. Um seinen Wehrdienst abzuleisten, und dem "HEILIGEN IMPERATOR ZU DIENSTEN ZU SEIN" wie sich sein Vater, Mitglied des Adeptus Arbites immer ausgedrückte hatte, hatte er sich vor vier Monaten bei den Planetaren Verteidigungsstreitkräfte auf Kap Caladis eingeschrieben, und war dann sofort zu einer Befreiungsmission nach Telorin Prime eingezogen worden. Nun... letzteres war nicht geplant gewesen. Trotz seiner eigenen und der Unerfahrenheit seiner Kameraden hatte man ihn am nördlichen Kontinent von Telorin Prime abgesetzt. Der dschungelüberwucherte Planet barg neben seinen vielen Gefahren auch eine akute Tyranidenverseuchung. Jedoch wurde die Exterminierung durch orbitale Bombardierung vorerst ausgesetzt, um angeblich wichtigen Lebensraum für neue Siedler zu schonen.

"Ha! Neue Siedler," dachte sich Merk, "mir würde es nicht im Traum einfallen auf dieser verwucherten Dreckskugel leben oder gar sterben zu wollen!" Obwohl letzteres von ihm als sehr wahrscheinlich angesehen wurde.
Nun war es nicht so, dass Merk nicht am Leben hing. Er war in keinem Strafbatallion oder irgendein verrückter imperialer Kommissar. Nein. Es war nur so, dass man sich nach einer Woche im schwülen, verdreckten, morastigen Telorianischen Dschungel die Hölle auch nicht viel schlimmer sein konnte.
Viele waren von den tückischen Tropenkrankheiten dahingerafft worden. Andere waren wahnsinnig geworden und des Nachts davongelaufen. Und wenn die ihnen nachgeschickten Suchtrupps dann endlich ihre von jeglicher Form befreiten Leichen, oder einfach Überreste fand, und auch identifiziert hatte (Was im Allgemeinen ein wenig Zeit in Anspruch nahm) hatte auch der Suchtrupp schon Verluste erlitten.

Zumindest hatte man den verzweifelten Verteidigern der imperialen Stellungen rasche Entsatzung versprochen. Angekündigt wurde diese Hilfe gestern von Kommissar Lazera, bei der sowieso überflüssig gewordenen Kompaniemusterung. Es gab nicht mehr viele überlebende Soldaten. Lazera hatte von der Landung von Space Marines vom Orden der Silver Skulls erzählt. Er hatte behauptet, dass diese Elitekrieger des Imperators direkt in ihr Kampfgebiet versetzt würden. Aber bisher waren sie noch nicht zu ihnen gestoßen. Warum auch. Wer waren sie denn schon? Keeli, ihr alter Seargent hatte ihnen von den gewaltigen Ausmaßen des Imperiums erzählt. Von einer Seite der Milchstraße zur anderen. Galaxieumspannend. Mit über einer Million Welten. Bewohnt von Abermilliarden Menschen. Beschützt von Millionen Soldaten und Raumschiffen. Heroisch seit zehntausend Jahren gegen alle Arten von Angriffen verteidigt, sowohl äußere Konflikte wie Invasionen oder Überfalle, aber auch interne wie Verschwörungen oder Rebellion. Mittelpunkt dieses zentralistischen Reiches war und ist der allmächtige Imperator. Der Gottkaiser. Vater und Beschützer der Menschheit. Mittelpunkt des imperialen Glaubens und Quelle der Menschlichen Herrschaft über die Sterne. Denn, auch wenn das Imperium das größte Sternenreich in der Galaxis ist, so ist es doch unvorstellbar dünn besiedelt. Nur ein Bruchteil der im All existierenden Planeten war für menschliches Leben geeignet, und wiederum nur ein Bruchteil dieser ist tatsächlich von Menschen bewohnt.
Diese Tatsache macht eine einheitliche Regierung natürlich unmöglich. Denn obwohl sich die Menschen die Kräfte des Warp nutzbar gemacht hatten, und sich somit schneller als das Licht bewegen konnten, dauerten Reisen im Warp manchmal Monate, aufgrund der unglaublichen Entfernungen.

Man hatte Merk gesagt, dass sich in diesen unvorstellbaren Weiten immer noch Planeten befinden, die nichts vom Imperator und seinen Dienern wissen, und deren Kolonien schon lange vor dem Zeitalter des Weltenbrandes besiedelt worden waren. Viele dieser Welten hatte ihr Verständniss für die wundersame Technologie, die der Menschheit einst erlaubte ihr gewaltiges Reich aufzubauen verloren, und waren in Barbarei und Steinzeit zurückgefallen.

Die gewaltige Aufgabe dieses Imperium wenigstens einigermaßen aufrechtzuerhalten war die des Adeptus Administratum. Diese Organisation führte Buch über all die Welten des Imperiums. Sie treiben die Abgaben der Planetaren Gouvernoure ein, verwalten die gewaltigen Resourcen des Imperiums und lassen Armeen und Regimenter ungeahnter Größe ausheben. Sie sind die Brücke der galaxieumspannenden Bürokratie.

Mit einemal wurde Merk klar, wie klein und nichtig sie doch alle waren und er lächelte. Grodo sah ihn an. Er musste einen schlimmen Anblick bieten. Eingehüllt in einen schweren, mit Tarnfarben bemalten Regenmantel, unter der Armaplast-Brustpanzerung. Sein Lasergewehr in seinen dünnen Armen, vor Hunger und Durst ausgezehrt. In einer Hock-Stellung hinter einem schon lang umgestürzten Verteidigungsgeschütz kauernd. Auf einer Mauer aus Sandstein. Erbaut im tiefsten Dschungel von... von wem auch immer.

Es fing an zu regnen. Vielleicht hatte es auch schon vorher geregnet und er hatte es nur nicht bemerkt. Der Himmel war düster geworden und schien sturmgepeitscht. Mit einemal fing es an wie aus Eimern zu schütten. Merk und Grodo sahen nach oben. Regen prasselte ihnen ins Gesicht, prallte von den Mauern aus Sandstein ab und erzeugte einen wabernden knöcheltiefen Nebel. Der Sichtradius verringerte sich und es donnerte. Zuerst nur leise...

Merk´s Tarnmantel war total durchnässt. Mit einemal hatte er es satt. Alles. Den Dschungel, den imperialen Kult, seine Vorgesetzten, das Töten, und den Sold.
Naja, wenn man ihn immer pünktlich bekommen würde sicher nicht so.
Merk entschied seinen Posten zu verlassen, und in einer der Kasernenbaracken etwas zu essen, und was gutes zu trinken zu suchen. Vielleicht fand er sogar seine Spielkarten irgendwo wieder. Er beschloss seine Entscheidung Grodo mitzuteilen. "Was hältst du davon..." begann er als durch das Prasseln des Regens plötzlich ein schrilles Pfeifen zu hören war. Unfähig sich zu bewegen stand Merk da. Man konnte durch die dicken, vom Wind aufgewirbelten Tropfen kaum etwas sehen. Er tauschte einen besorgten Blick mit Grodo und hob sein Lasergewehr...

Grodo´s Kopf explodierte mit einem feuchtem Bampf. Blut und Hirnmasse schlugen Merk ins Gesicht und schwappten auf dessen Tarnmantel. Fast wie in Zeitlupe kippte die kopflose, knieende Gestalt Grodos zur Seite und rollte sich auf dem schmalen Wehrgang der Sandsteinmauer auf den Rücken. Merk sprang auf, riss sein Lasergewehr hoch und gab zwei ungezielte Impulsschüsse in die von ihm vermutete Richtung des Angriffs ab. "Tyraniden!!!" schrie er gegen den böigen Wind an, bis ihm die Lungen schmerzten. "Tyraniden!!!"

Sekunden später brach aus dem Dschungel die Hölle hervor. Von überall aus dem Dickicht, das sich bis kurz vor die steilen Mauern der Festung erstreckte, stürmten, hüpften, krochen und quollen Alptraumkreaturen hervor, wie man sie sich nicht vorzustellen wagte. Niemals wäre ein menschlicher Geist auf die Idee gekommen, sich biologisches Leben in so einer perversen Form vorzustellen.

Sechsarmige Symbionten, wuselten Seite an Seite mit gebückt laufenden Termaganten und springenden Hormaganten zwischen den gewaltigen Säulenbeinen von riesigen Tyranidenkriegern umher. Ein Carnifex donnerte aus der Deckung des Dchungels und prallte gegen die Sandsteinmauer. Liktoren hielten sich im Hintergrund und schienen die kleineren Schwarmwesen anzutreiben. Zwischen der Masse an wabernden, geifernden, kreischenden und brüllenden Höllenkreaturen brandeten kleine Absorberlarven wie ein Teppich aus lebendem Gewebe gegen die Befestigung und versuchten sie mit korrodierenden Körperflüssigkeiten aufzuweichen. Und über diesem Schreckensszenario kreisten am düsteren telorinischen Himmel Rotten von geflügelten Gargoyles, die die Verteidiger der imperialen Garnison mit toxischen Flammenkugeln eindeckten.

Wie als natürliche Reaktion auf den sich öffnenden Höllenschlund reagierten die wenigen, noch verbliebenden Verteidiger. Das noch verbliebene Tarantula-Abwehrgeschütz reagierte, und spuckte Granaten und Laserimpulse in die Masse der Angreifer. Die schweren Bolter, die auf ihren mobilen Untersätzen bis ganz an den Rand der Verteidigungsplattform gekarrt worden waren, ließen einen tödlichen Regen aus Hartmantelgeschossen auf die Aliens niedergehen. Laserkanonen nahmen skalpellartige Schnitte an den größeren Angreifern vor und ließen einen Tyranidenkrieger in der Mitte gespaltet zu Boden sinken. Merk´s Kameraden hatten sich an die Zinnen gestürzt und feuerten aus Boltern, Lasergewehren und Plasmawerfern auf die anrückenden Horden. Merk stürzte zu einigen seiner Leute und feuerte über die Zinnen auf die Meute.

Die Verteidiger wehrten sich verbissen. Granate um Granate schlug in die Reihen der Angreifer. Zentimeter lange Boltergeschosse zerfetzten Chitinpanzer und Hornschuppen. Plasmawaffen verkochten und zerschmolzen die Angreifer. Lasersalve um Lasersalve brachte die unheimlichen Invasoren zu Fall. Aber sie rückten unaufhaltsam vor. Die Horde kroch und schob sich geifernd und kreischend über ihre Toten und sterbenden. Ein Teppich aus Schleim, Alienblut und Gedärmen bedeckte den Boden. Sie waren nicht aufzuhalten...

Mit einem lauten Knall explodierte das letzte Verteidigungsgeschütz und zerriss dabei den brüllenden Ladeschützen. Merk starrte für eine Sekunde auf das aus der Verankerung gehebelte Wrack der übergroßen Waffe... und warf sich dann instinktiv zur Seite. Eine Flammenkugel, wahrscheinlich von einem Gargoyle Angriffsflieger abgefeuert, zischte nur einige Zentimeter weit an seinem Kopf vorbei und versengte ihm Haar und Ohr. Der Schmerz, der ihm in dieser Sekunde durch den ganzen Körper schoss war auszuhalten. Der Soldat neben ihm hatte nicht soviel Glück. Die glühende Flammenkugel traf ihn in Brusthöhe und schleuderte ihn aus dem Sitz seiner schweren Bolter Belagerungswaffe zehn Meter weit über den Wehrgang, bis er an den Turm knallte und buchstäblich zerplatzte.
Merk versuchte sich aufzurichten. Er rollte sich auf alle Viere und fing dabei kurz den Blick des zweiten Kanoniers des schweren Bolters auf. Er war damit beschäftigt gewesen neue Magazine fürs Nachladen zusammenzusuchen. Er kauerte an der Seite der Waffe und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf dem dunklen Fleck am Turm, der einmal sein Waffenteamgefährte gewesen war. Dann schwenkte sein Blick ausdruckslos zu Merk hinüber und die Augen des Ladeschützen bohrten sich in seine. Der Ladeschütze bewegte die Lippen, aber Merk konnte durch den allgemeinen Gefechtslärm nichts hören.

Fast im gleichen Augenblick sprang ein Tyranidensymbiont auf die Zinne vor Merk und stürzte sich auf seinen Kameraden. Ein gewaltiger Schwall Blut klatschte Merk ins Gesicht, als der Symbiont dem Ladeschützen den Kopf abriss und ihn beiseite warf. Über die Zinnen in die tobende Masse hinein. Danach machte er sich daran den restlichen Körper in Fetzen zu reißen und ignorierte Merk völlig.

Merk kroch apathisch ein Stück zurück, bis an den Rand der Wehrmauer. Er war tot. Das Biest würde ihn töten. Irgendwie war es der Kreatur gelungen durch das Abwehrfeuer die glatte Mauer zu erklimmen. Merk starrte auf die blau und purpur gepanzerte Bestie, die ihm noch immer den Rücken zuwandte. Gebückt stand sie da. Den größten Teil des Körpers in einer blauen, chitinartigen Substanz versteckt. Vier Arme, von denen zwei aus mächtige Klauen, und die anderen zwei aus starken Krallenfingern bestanden. Der Kopf klein und rund, die Augen tief in den deformierten Schädel eingefallen und Zähne wie Rasiermesser. In mehreren Reihen im Rachen angeordnet.
Merk fand nicht die Kraft zu feuern. Irgendetwas hielt ihn davon ab. Sein Körper schien es für sinnlose Energieverschwendung zu halten. Er konnte es nicht....

Der Symbiont drehte sich zu Merk um. "So, das war es also!" dachte er sich. Hier würde er sterben. Allein und verlassen in irgendeinem Höllenloch weit weg von zuhause. Merk hatte sich oft gefragt wie er einmal sterben würde. Aber in letzter Zeit war es ihm bewusst geworden, dass er nur im Kampf fallen könnte. Gegen einen Feind der keine Gnade, kein Mitleid kennt oder versteht. Geopfert in einem sinnlosen Kleinkrieg. Ausgelöst von irgendjemandem im Adeptus Administratum, der wahrscheinlich schon lang tot war. Im Kampf um ein dreckiges Stück Dschungel weggeworfen. Ohne Bedauern, ohne Sinn. Der Symbiont vor ihm kannte keine so komplexe Gedankengänge. Er bekam seine Befehle von irgendeiner Synapsenkreatur unter ihm an den Mauern der Burg. Sein Ziel bestand darin zu töten. Er brauchte keine Begründung und hatte keine moralischen Komplexe wenn er jemanden umbrachte. Wie perfekt schienen Merk diese Kreaturen. Ein Leben geprägt von Vermehrung und Überleben. Vielleicht die einzigen Werte in der Galaxis die heute noch Sinn machten. Zumindest in der komplexen und dekadenten Gesellschaft des Imperiums der Menschheit... Doch halt. Das Imperium erstreckte sich von einem Teil der Galaxie zum anderen. Es gab eine Million Welten, und viele waren bewohnt, und die meisten dieser Welten waren von Menschen bewohnt. Der dominierenden Spezies in der Galaxis. Die Menschheit hatte schon vor dem Imperator große Reiche aufgebaut. Ihr Drang nach Wissen hatte die menschlichen Kolonisten bis an den Rand der Milchstraße getrieben. Im Dunklen Zeitalter der Technologie hatte die Menscheit große Geheimnisse besessen. Auch wenn es heute nicht mehr viel davon gab, so war jedoch eins sicher. Die Menscheit hatte sich einst über alle anderen Spezies in der Galaxis gestellt. Sie hatte sich unaufhaltsam ausgebreitet. Sie hatte ihre Größe dadurch zur Schau gestellt, daß sie jeden Krieg, jede Seuche, jede nur erdenkliche Katastrophe irgendwann irgendwie gemeistert hatte. Und das nicht nur mit Wissen, sondern mit Tapferkeit, Mut und Zähigkeit.
Diese Erkentniss traf Merk wie ein Blitz. Davon hatten der Feldkaplan und der Kommissar also immer gesprochen. Jetzt, im Augenblick des Todes verstand Merk das alles und noch vielmehr. Aber um darüber nachdenken zu können musste er noch ein bischen weiterleben. Und um das zu tun, musster er sich eines kleinen Problems zuerst entledigen...

Der Tyranidensymbiont sprang. Ein siegessicheres Brüllen drang aus der unförmigen Kehle, als er ansetzte, dem kleinen Menschen da den Todesstoß zu versetzen. Merk rollte sich blitzschnell herum, ergriff sein Lasergewehr, dass ihm irgendwie weggerutscht sein musste, riss es hoch und feuerte. Er traf den Symbionten mitten in das aufgerissene Maul. Die Schädeldecke des Schwarmwesens wurde nach hinten abgerissen, der Körper aber hatte noch soviel Schwung, dass er fast auf Merk geprallt wäre hätte dieser nicht sein Bein ausgestreckt um den zuckenden Körper abzufangen. Er trat ihn zurück und sprang auf. Gleichzeitig landete ein weiterer Symbiont auf der Zinne, aber noch ehe dieser sich orientieren konnte zog ihm Merk seinen langläufigen Laserkarabiner über den gräßlichen Schädel. Der Tyranid taumelte kurz und schlug mit einer langen Klaue unbeholfen nach Merk. Der Schlag streifte ihn nur, hatte aber dennoch genug Kraft um ihn nach hinten zu schleudern. Offenbar etwas zu weit nach hinten. Merk verlor den Halt und kippte mit rudernden Armen von der geländerlosen Wehr.

Er prallte hart auf dem Rücken auf und schnappte nach Luft. Der knapp sieben Meter lange Sturz von der Wehr schien ihm die Lungen geprellt zu haben. Keuchend kam er hoch. Er konnte durch den noch immer wabernden Nebel nicht sehr weit sehen. Aber er konnte hören. Und er hörte nur noch vereinzelt Bolterfeuer und Laserschüsse. Die Tyraniden hatten sie überrannt.
Merk taumelte durch den Innenhof der Kaserne. Er hatte seinen Karabiner irgendwo im Nebel verloren. Er war also unbewaffnet. Dieses Gefühl behagte ihm gar nicht. Zumindest schien ihn der Tyranid von der Mauer zumindest nicht zu verfolgen. Auf seinem Weg durch das Lager sah er noch mehr Tod und Zerstörung. Seine Kameraden rannten wie aufgescheuchte Wachteln orientierungslos durch den Kasernenhof. Vereinzelt waren Schüsse und Schreie zu hören. Die Überlebenden flohen von den Mauern bevor eine riesige Welle aus Tyraniden sich wie heißes Blei über die Zinnen, hinein in das Lager ergossen. Merk sah immer nur rennende, schreiende Schemen. Er hörte imperiale Soldaten bald hierhin bald dorthin laufen. Vielen folgte blitzschnell der sechsarmige Tod, als Termaganten und Symbionten ohne Probleme durch den Nebel flitzten um die letzten Überlebenden kaltzumachen. Merk hörte wie einige seiner Kameraden in den Dschungel flohen. Er gab ihnen keine hohe Überlebenschance.
Merk schleppte sich weiter an den Baracken vorbei zum Munitionslager. Er wusste auch nicht wie er in dem wabernden Nebelregen überhaupt den Weg finden konnte, aber er bewegte sich zielstrebig. Plötzlich hörte er hinter sich ein Geräusch im Matsch. Durch den Schlamm arbeiteten sich unerbittlich sechsarmige Klauenhände. Auf allen vieren rennende Tyraniden, die ihn witterten und rasch einzuholen schienen. Merk beschleunigte sein Hinken. Es war nicht Angst, die ihn trieb, nein, merkwürdigerweise war es eine Besorgnis ganz anderer Art. Er fürchtete zu sterben, ohne vorher ausreichend Aliens mitgenommen zu haben. Vielleicht funktionierte der ganze imperiale Kult so. Vielleicht musste man über das Stadium banaler Angst hinauswachsen um den Umfang seines Glaubens festzustellen. Vielleicht baute das ganze imperiale System nur auf das Blut von Märtyrern, die sich nicht für ihr Land, nicht für ihre Welt, nein, für das ganze galaxieumspannende Imperium aufopferten. Denn die Menscheit war schon immer da. Und für dieses Recht war er bereit zu kämpfen.
Merk sah vor sich die Umrisse der Munitionsbaracke. Einem einfachen Bau aus Holz und Fertigteilen. Er stürmte auf den Eingang zu, als er bemerkte, dass seine Verfolger ganz nah sein mussten. Er streckte die Hand nach der Klinke aus nur noch vier Meter...noch drei...noch zwei...

Etwas sprang Merk von hinten an, klammerte sich an seinem Rücken fest und biss ihm in die Schulter. Merk schrie vor Schmerz, taumelte, und brach rote Punkte vor den Augen sehend durch die Tür des Munitionslagers. Er rutschte auf irgendetwas glitschigem aus und stürzte.
"RUNTER" schrie irgendjemand. Im nächsten Augenblick hörte Merk das Rattern von Bolterschüssen und er spürte wie ihn das Gewicht auf seinem Rücken verließ. Merk kam auf dem Boden auf und rollte weiter. Er war auf der Treppe des Depots ausgerutscht und pollterte nun zehn Stufen nach unten. Er kam äußerst unsanft unten an. Schien so als hatte er sich einen Halswirbel verrenkt. Merk versuchte aufzustehen. Er sah den toten, von Boltergeschossen zerrissenen Symbionten nicht, der an der Schwelle zur Treppe lag. Er nahm auch nur noch sehr vage die Umrisse von Leutnant Dundee und einigen imperialen Soldaten war. Sie schienen gerade dabei gewesen zu sein ein kleines motorgetriebenes Scoutfahrzeug, mit einer gepanzerten Kabine zu besteigen. Merk fühlte noch wie ihm Arme unter die Schultern griffen und ihn in das Innere zogen. Weit weg von hier. An einen Ort, wo ein Mensch noch etwas zählte und wo sich alle ihrem Platz im Universum als Menschen bewusst waren. Und an diesem Ort würden auch jene von der größe der Menscheit erfahren die keine waren. Aber ob sie sie begreifen würden.....

EPILOG:
Merk hörte ein Kratzen an der Frontverkleidung des Fahrzeugs. Seine Sehfähigkeit kehrte langsam wieder zurück und auch das Gefühl in seinen Gliedern. Jetzt hatten sie ihn endlich. Merk hatte schon fast daran geglaubt gerettet zu sein, als eine gutgezielte Flammenkugel eines Gargoyles alle Hoffnungen zunichte gemacht hatte. Das Fahrzeug schleuderte und war auf dem Rücken liegengeblieben. Rauch hatte sich entwickelt und alle anderen außer Merk getötet. Jetzt mussten ihn die Tyraniden gefunden haben. Er bereitete sich darauf vor zu sterben. Er hatte keine Angst...
Das Fahrzeug wurde umgedreht. Bevor Merk wusste wie ihm geschah kugelte er aus der eingedrückten Kabine hinaus in den feuchten Humus des Dschungels. Er rollte an etwas hartes und kaltes. Er blieb einige Sekunden lang liegen. Aber die Tyraniden mussten ihn atmen gesehen haben. Sie stießen ihn an. "Erheben sie sich sofort und identifizieren sie sich." Merk riss die Augen auf und starrte nach oben. Über ihm stand ein fast zwei Meter großer, genetisch verbesserter Space Marine. Seine Rüstung war in tiefem grau gehalten, und auf seinen Schulterpanzern prangte das Symbol eines Schädels. Space Marines vom Orden der Silver Skulls! Es war tatsächlich wahr.
"Stehen sie auf Soldat. Am Boden zu liegen ist eines imperialen Verteidigers ihres Formates unwürdig." Der Riese hatte ein vernarbtes Gesicht, und drei Stahlbolzen als Abzeichen für die Dienstjahre in der Stirn. Hinter dem Anführer konnte Merk auch noch andere Space Marines, alle schwer bewaffnet ausmachen. "Was...Was..." stammelte Merk. "Lassen sie mich zu ihrer Leistung gratulieren," sagte der unbehelmte Marine mit den Bolzen. "Ich bin Captain Berdil Argenia von den Legio Astartes Silver Skulls. Wir sind hier um ihre Leute zu entsatzen. Nicht schlecht der Ausbruchsversuch mit dem Geländewagen. Wir haben den Crash gehört und sie somit gefunden.
Merk war von den Socken. Sollte das heißen...sollte das? "Kommen sie mit Soldat. Sie kennen das Gelände hier besser als wir und außerdem können sie uns sicher taktische Informationen über Feind und Truppenstärke liefern. Bei seiner Heiligkeit, ich würde mich freuen sie sogar in einer unserer Scoutkompanien zu sehen. Wir setzen auch die Suche nach Überlebenden fort. Aber unsere Hauptaufgabe ist es die Tyraniden zu vertreiben. Es ist seit einiger Zeit ziemlich still in Richtung des Forts." Argenia legte seine überdimensionierte Hand auf Merks aufgerissene Schulter. "Kommen sie!" sagte er bestimmend. Er wandte sich ab und gab den anderen Marines Befehle, die sich daraufhin gefechtsbereit machten. Merk wollte noch etwas wissen. Eine Frage hatte er noch, dann konnte kommen was wollte. Es war egal, aber eines...
"Sir!" schrie Merk als er wieder dazu imstande war einigermaßen zu sprechen. "Sir!" Der Riese drehte sich um. "Ich gehe mit ihnen, ich habe nur eine Frage, Sir." "Ja...was gibt es denn?" fragte Argenia fast ein wenig verwirrt. "Sir...," begann Merk, "Sir... wenn ich mit ihnen gehe, darf ich dann auch Tyraniden töten?"



Urheberrecht: Michael Zupp, 2001



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