In minus z nichts Neues

von redsimon

Synapsen-Nexus 239-Theta erwachte ruckartig aus seiner Regenerationsperiode und riß mit seinen Klauen den mittlerweile verhärteten Schleimkokon auf. Nachdem er kurz seinen Kopf gedreht und seine Sinne die Gegend als relativ sicher eingestuft hatten, prüfte er die Verbindung zu seinem Fernkampfbioiden. Er spürte, wie der allein zum Kampf gezüchtete Organismus erwachte und nach neuer Nahrung verlangte, mit der der Körper von 239-Theta ihn bereitwillig versorgte. Anschließend lud der Bioid säureummantelte Silikatsplitter in sein internes Magazin, bereit, sie auf einen Gedanken seines Trägers hin abzufeuern.

Der Nexus analysierte kurz die neuen Informationen des Schwarmbewußtseins und befahl den recht zahlreichen Synapsen, die kleinen Kampforganismen zu ordnen. Die gepanzerten und mit verschiedenartigen Biowaffen verbundenen Synapsenkrieger schritten langsam in Gruppen durch das Gehölz, um die Befehle an die niederen Kreaturen weiterzugeben.

Mit gebleckten Zähnen nahmen die kleinen, sehnigen Lebewesen ihre Positionen ein, bereit zum Vormarsch; an ihren Händen pulsierende Projektilwaffen und harte, spitze, lange Klauen. Ihre gelben, pupillenlosen Augen reflektierten matt die aufgehende Sonne.

Um mit voller Stärke dem Widerstand begegnen zu können, schluckten die Synapsenkreaturen große Portionen des Nährstoffgels, das ein Teil der tyranoiden Flora aus Blättern und Stengeln absonderte. Die kleineren Kampfkreaturen hatten sich schon vorher an durch Sporen verendeten Tieren sattgefressen.

An diesem Tag würde der Schwarm wieder eine Menge Ressourcen verlieren, doch die Beute dieses Konflikts würde von großem Wert sein. Die Bekämpfung der immer häufiger auftauchenden Mechano-Armeen hatte nach unerwartet hohen Verlusten schließlich eine Schwachstelle gezeigt, die der Feind nicht kompensieren konnte.

Um nicht wie die anderen beiden großen Schwarmangriffswellen zu enden, hatte diese Schwarmflotte schon früh begonnen, die Kampfkraft aller Gegner, und insbesondere dieses, genau zu analysieren, und mittlerweile hatte sich abgezeichnet, was die beste Gegenmaßnahme sein würde. Nun mußte nur noch der erste Schritt folgen.

Auf das Gedankensignal des Synapsen-Nexus’ marschierte der Schwarm ohne überflüssige Geräusche vorwärts, die natürliche Deckung ausnutzend, sich dem Gelände anpassend. Der Metabolismus der Kreaturen heizte sich für den bevorstehenden Feindkontakt weiter auf, ihre Bewegungen wurden kraftvoller und kontrollierter. Bald würde ihre Stärke und Schnelligkeit zum Einsatz kommen.

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Vhelu’shat der Häuter, Mächtiger Champion des Slaanesh, verfluchte diese verkommene Alienbrut zum drittenmal an diesem Tag. Was in der letzten Woche passiert war, hätte nicht passieren dürfen. Die Produktionsanlage, die er und seine Horde Verrätermarines bewachten, befand sich in Gefahr, und alles nur wegen der Unachtsamkeit einiger Männer. Die schwächlichen Kultisten, die als Teil einer von mehreren Gruppen das umliegende Gebiet patrouilliert hatten, waren mittlerweile geopfert worden (nachdem sie kurz, aber einfallsreich gefoltert worden waren), aber das Problem war damit leider noch nicht beseitigt. Und jeder Fehler, den er machte, konnte ihn alles kosten. Sei es, weil ein Untergebener seine Chance gekommen sah, weil der Kommandant der Alpha Legion Marines ihn für unfähig hielt oder weil der dreimal gesegnete Slaanesh ihm seine Gunst entzog.

Vor zwei Tagen war plötzlich und unerwartet ein Sporenschwarm der Tyraniden angekommen, der offensichtlich vom Rand des Systems aus abgesetzt worden war. Die unfähigen Kultisten hatten die Sporen für Asteroiden gehalten und keinen Alarm gegeben, und ein ganzer Angriffsschwarm der Tyraniden war nahezu unversehrt im vegetationsreichen Flußdelta im Süden dieses Kontinents gelandet, wo er kurz verharrt hatte, vermutlich um Sporenschornsteine zu errichten, die diese Welt tyranidofizieren würden, damit später eintreffende Schwarmschiffe leichter ernten könnten. Nun, soweit würde es nicht kommen. Vhelu’shat bewachte mit seiner etwa 75 Chaos Marines starken Horde diese Waffenfabrik, in der Sklaven diverse Low-Tech-Waffen für Aufständische und Chaoskulte in Massen produzierten. Ein Pakt mit einem Champion der Alpha Legion gewährte ihm großzügige Versorgung mit Kriegsmaterial und anderen Ressourcen, wenn er und seine Horde diese Fabrik solange bewachten, bis die Alpha Legion Marines es für klug erachteten, ihren Stützpunkt auf ein anderes System zu verlegen, um imperialen Gebietsscans zu entgehen. Es zahlte sich eigentlich immer aus, sich mit der Alpha Legion gutzustellen, wenn man im Realraum auf Kriegszug war, wo dieses gottlose Gewürm viele Stützpunkte und geheime Zellen besaß. Er und seine Männer würden das als Bezahlung versprochene Material unbedingt brauchen, wenn sie es lebend durch die imperialen Systeme schaffen wollten, die er mit seiner kleinen Flotte, bestehend aus einem Träger, einem weiteren Kreuzer und einigen Eskortschiffen, durchqueren wollte.

Vhelu’shat war mit seiner Horde Marines, den Servants of Pain, die den Prinzen der Leidenschaft verehrten, von konkurrierenden Banden und Kriegshorden, die anderen Chaosgöttern ihre Eide geschworen hatten, nach einer Niederlage auf der Dämonenwelt Iushanarech aus dem Wirbel des Chaos getrieben worden. Sein Ziel war es nun, den von Warpstürmen um- und durchtosten Mahlstrom zu erreichen, wo neben diversen Alienspezies auch andere Rebellenmarines Zuflucht gesucht hatten. Mit Slaaneshs Gunst würde es ihnen vielleicht gelingen, sich dort einen Platz zu erkämpfen. Vorausgesetzt, er würde sich hier behaupten können und nicht versagen.

„Der Schwarm bewegt sich weiter direkt auf unsere Basis zu und wird in wenigen Stunden hier eintreffen. Die Trupps sind in Bereitschaft und warten auf den Befehl zum Ausrücken, Euer Gnaden“, berichtete sein Unterführer, S’zint’oan, aufstrebender Champion des Slaanesh. Vhelu’shat beäugte ihn mißtrauisch durch die Sichtblende seines Helms. Dem dreimal gesegneten Slaanesh hatte es nämlich gefallen, seinen Körper mit seiner Rüstung zu verschmelzen, so daß seine gewöhnlichen Sinne alles nur gefiltert durch die uralten Sensoren seiner Rüstung erfuhren. Als Ausgleich waren ihm Tentakel aus beiden Armen gesprossen, mit denen er seine Umwelt mit einer Intensität fühlte, wie sie nur ein Anhänger des Gottes der wahren Freuden zu würdigen wußte. „Ist die zurückbleibende Wache schon eingeteilt?“ – „Ja, Euer Gnaden.“ – „Gut, ich werde selbst den Oberbefehl übernehmen. Sobald ich den Transporter bestiegen habe, werde ich den Marschbefehl geben.“

Ärgerlich wurde er sich dessen bewußt, daß er das Gefecht ohne Unterstützung aus dem Orbit durchführen mußte, weil der Alpha Legion Kommandant seine Flotte wegen der Sichtung imperialer Schiffe an den Rand des Systems befohlen hatte. Vhelu’shat und sein Leutnant verließen den Kommandobunker und liefen zu den bereitstehenden Transportern, denen man wegen des Einflusses des Warps und der starken Verzierungen, mit denen sie versehen waren, kaum noch ansah, daß sie einmal Rhinos gewesen waren. Der mächtige Champion bestieg seinen persönlichen Transporter, der von einem Dämon besessen war und in dessen Rumpf die 36 obszönsten Namen Slaaneshs als Chaosrunen eingraviert waren. Dann gab er den Aufbruchsbefehl.

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239-Theta bewertete den eintreffenden Informationsfluß. Seine Aufklärer hatten den Aufmarsch der opponierenden Spezies genau im Visier. Es handelte sich, wie erwartet, um die Spezies, die in der Lage war, Ätherwesen aus dem Gedankenraum in den Realraum zu rufen, um dort für sie zu kämpfen. Wenn der Gegner wie erwartet reagieren würde, müßte das Ziel erreicht werden. Folglich würde er fortfahren, die empfangenen Instruktionen umzusetzen. Er beobachtete weiterhin den Gegner und versuchte, dessen Stärke einzuschätzen. Die meisten feindlichen Kreaturen waren durch verschiedene Äthermutationen entstellt, und waren zum Teil mit langen, nicht identifizierbaren Fernwaffen ausgerüstet. Und sie hatten eine leicht zu verteidigende Stellung bezogen, vor der genug freies Feld war, so daß sie nahezu unbehinderte Feuerlinien hatten. Nur eine kleine Senke befand sich auf halbem Weg zwischen ihrer Position und der des Schwarms.

Der Synapsen-Nexus zog sich wieder aus den Gedanken seiner Aufklärer zurück, und kontrollierte nocheinmal die Rotten. Mittlerweile hatten die Synapsenkrieger alles in Angriffsposition gehen lassen, also gab 239-Theta den Initialimpuls.

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Auf der linken Flanke katapultierten sich zwei Liktoren aus einem Sumpfloch und töteten lautlos vier Noise Marines, die sich dort mit ihren Schallwaffen positioniert hatten. Sofort darauf lösten sich einige Rotten Symbionten aus Bodenmulden in der Nähe und sprinteten auf die feindlichen Linien zu. Abwehrfeuer aus einer Parallelposition prasselte auf sie ein, und einige von ihnen fielen getroffen in den Staub, die meisten erreichten jedoch die nächste Deckung. Gleichzeitig löste sich der Hauptteil des Schwarms aus der Deckung, eine Masse von Gantenspezies, gefolgt von Synapsen und Unterstützungskreaturen. Die Gefolgsleute des Slaanesh ließen sich nicht lange bitten und Feuergarben und Detonationen rissen tiefe Lücken in den Tyranidenvormarsch. Mit kreischenden Biowaffen erwiderten die Synapsen und Unterstützungskreaturen das Feuer, die gegnerischen Positionen beharkend.

Währenddessen warfen die Slaaneshanhänger ihre Reserve in das Gefecht, um die Flanke wieder zu stabilisieren: Zwei Transporter, begleitet von Raptoren mit flammenspeienden Sprungmodulen. In einer Staubwolke kamen sie zum Stehen, und zwei weitere Trupps Noise Marines saßen ab, um die Flankenverteidigung neu zu errichten. Im Laufschritt eilten sie auf die Position zu, als plötzlich Symbionten und Liktoren aus ihrer Deckung brachen. Ein vor Erregung kreischender Noise Marine zog noch im Laufen den Abzug durch und zielte dabei auf einen Liktoren. Die Waffe verriß jedoch, zerfetzte einen der Symbionten und riß eine Furche in den Boden. Ein anderer ließ seine unhandliche Waffe fallen, zog mit Händen und Tentakeln drei lange Kampfmesser und warf sich auf den nächsten Symbionten, der ihm jedoch die Eingeweide zerriß, bevor die Klingen ihr Ziel gefunden hatten. Vor süßem Schmerz stöhnend wälzte er sich über den Boden und verteilte dabei seine Innereien. Nicht untätig, ließen sich die Raptoren mit rotierenden Kettenschwertern aus der Luft fallen und hieben sich ihren Weg durch die Rotten, wobei einige von ihnen fielen. Ein Melterschuß verbrannte den einen Liktor, der andere fiel unter den Hieben mehrerer Kettenschwerter. Der Durchbruch war abgewehrt und die übrigen Chaos Marines hasteten zu ihrer Stellung.

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Vhelu’shat, der die eintreffenden Berichte vom Kommandostand aus verfolgte, war befriedigt. Es würde ein leichtes sein, die Angreifer zu besiegen. Der Rest des Tyranidenschwarms hatte mittlerweile die lange Bodensenke in der Mitte des Schlachtfeldes erreicht. Nun war es an der Zeit, diese widerliche Brut endgültig zu vernichten.

Er gab den Hexern einen Wink, und sie fingen an, den Prinzen der Leidenschaft um die Entsendung seiner Heerscharen zu bitten.

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Unterdessen näherte sich von einer ungedeckten Seite des Systems ein kleines Drohnenschiff des Schwarms dem Planeten. Wäre es gescannt worden, so hätte man lediglich geringe Lebenszeichen entdeckt, denn es beherbergte nur sehr wenige Kreaturen. Doch ein psionischer Scan hätte etwas Seltsames zutage gebracht.

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Es war soweit: Die Slaaneshhexer hatten ihr Ritual beendet und deuteten, ekstatische Schreie ausstoßend, auf das Schlachtfeld, um dort einen Warpriß zu erzeugen. Ruckartig tat sich ein Spalt in der Realität auf, aus dem vierbeinige Bestien mit Klauenarmen quollen. Ihre rosige Haut schimmerte im Sonnenlicht, als sie in die Senke hinunterstürmten und sich auf den Schwarm warfen. In einem Wimpernschlag waren sie am Feind und das Gemetzel begann. Oder hätte beginnen sollen. Bevor noch der erste Dämon auf die dichtgedrängte Horde hatte einschlagen können, traten die Psi-kreaturen in Aktion. Gebündelte Psi-energie entströmte ihren Körpern und bildete ein Netz um die Kreaturen Slaaneshs. Die Dämonen versuchten natürlich zu entkommen, doch das Netz widerstand ihren Anstrengungen problemlos. Wie irrsinnig hackten und schlugen sie auf die psionische Materie ein, doch außer mit kleinen, blitzenden Entladungen reagierte ihr Gefängnis nicht.

Der Schwarm verlor keine Zeit und auf Befehl der Synapsen zogen sich die Tyraniden rückwärts aus der Senke zurück, die Schwarmpsioniker mit ihren Körpern schützend. Das einsetzende Feuer der Verrätermarines forderte erneut einen hohen Blutzoll, doch die korrumpierten Krieger konnten nicht verhindern, daß die Überreste der Armee des Schwarmbewußtseins das Baum- und Buschland erreichten, zusammen mit ihren merkwürdigen Gefangenen.

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Vhelu’shat konnte nicht fassen, was soeben passiert war. Nie hatte jemand gehört, daß die Schwarmflotten so etwas auch nur in Erwägung ziehen würden. Galt nicht ihr einziges Interesse verwertbarer Materie? Was die Tyraniden auch vorhatten, das Letzte, was er vorweisen wollte, war ein Mißerfolg. „Verfolgt und vernichtet sie!“, befahl er. Seine Untergebenen machten sich sofort daran, seinen Auftrag auszuführen, und die Gruppen von Chaos Marines drangen in das Vegetationsdickicht vor.

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Riesige Flügel auf- und abschlagend, glitt die große Schwarmkreatur schwerfällig durch die Luft und näherte sich im langsamen Sinkflug ihren am Boden in Stellung gegangenen Artgenossen. Leuchtspurgeschosse zogen jaulend ihre Bahnen durch die Luft, als die feindliche Spezies versuchte, das fliegende Wesen aus der Luft zu schießen. Doch ihr Abwehrfeuer war zu schwach und kam zu spät. Als die Flugkreatur die Lichtung überflog, auf der sich der Angriffsschwarm gesammelt hatte, schossen die Psikreaturen und Synapsen Gelstränge ab, die sich an die Unterseite des Fliegers hefteten, sich schnell zusammenzogen und dabei verhärteten. Ihre dämonische Beute mit sich nehmend, wurden sie von ihrem seltsamen Transporter in die Lüfte gehoben, der sie sofort in seine sichere Bauchhöhle schob. Dann faltete er seine Flügel an den Körper und startete seine Triebwerkskapseln, deren Feuerstrahl ihn und seine Passagiere zu dem Drohnenschiff im Orbit trug, ihrer Heimat.
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Auf dem Weg zu seiner Regenerationskammer lauschte 239-Theta weiter dem niemals endenden Kommunikationsstrom des Schwarmbewußtseins, bestehend aus Bildern, Gerüchen und Lauten. Das Drohnenschiff hatte inzwischen schon seine Schuborgane eingesetzt, um sie auf den Weg aus diesem System zu bringen. Dem Plan der gesammelten Schwarmintelligenz folgend, würde es sich auf zu den Modifikatordrohnenschiffen machen, die gut geschützt im Zentrum der Angriffswelle lagen. Die aggressiven Ätherkreaturen liefen in den Käfigen, die das Drohnenschiff aus Psi-energie errichtet hatte, Amok, doch ein dämpfendes Psifeld hinderte sie daran, sich zu verletzen. Dort, wo die Schwarmflotte durch Genspleißen aus anderen Spezies Informationen gewann, um sich dieser Galaxis anzupassen und effektiver Ressourcen sammeln zu können, würden die mächtigsten Psi-kreaturen, die das Schwarmheer hervorgebracht hatte, die Ätherwesen untersuchen, die dieser und andere Schwärme gefangen hatten. Wenn es eine Möglichkeit gab, Ätherwesen zu beherrschen oder eigene zu erschaffen, würde sie gefunden werden, und damit würde der Schwarm eine weitere Stufe der Anpassung erreichen, zum Nachteil der Mechano-Armeen und auch aller anderen Opponenten. Ein weiterer Schritt, um die reichen Ressourcenansammlungen dieses Sternhaufens für sich in Beschlag zu nehmen, der vor Leben nur so wimmelte, und nichts zurückzulassen als kaum verwertbare, trockene, unfruchtbare Felsen.


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